Kommentar Warum Kutschatys Schachzug clever sein kann

Der SPD-Fraktionschef im NRW-Landtag, Thomas Kutschaty, hat als erster ein Zeichen gesetzt, das nicht nur in die Bundes-SPD hineinwirken wird. Der Mut könnte honoriert werden. Ein Kommentar.

Thomas Kutschaty, nordrhein-westfälischer SPD-Fraktionsvorsitzender-

Foto: dpa/Johannes Neudecker

Offen ist, wie ambitioniert er wirklich ist, wenn es um den SPD-Bundesvorstand geht. Aber: Der SPD-Fraktionschef im NRW-Landtag, Thomas Kutschaty, hat als erster ein Zeichen gesetzt, das nicht nur in die Bundes-SPD hineinwirken wird. In der hat sich nämlich bislang niemand aus dem Schützengraben getraut, weil für gewöhnlich jener schnell verbrannt ist, der zuerst zuckt.

Kutschaty hat diese Angst nicht. Und er hat sie demonstrativ nicht. Vielleicht auch, weil er mehr im Blick hat, als nur billig verbrannt zu werden: Zum Beispiel der NRW-SPD jene alte Bedeutung zu geben, die sie schon mal hatte, aber mit dem Verfall der einstigen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft im NRW-Machtgefüge eben längst nicht mehr hat - obwohl man nach wie vor der größte SPD-Landesverband im Bund ist.

Mit diesem Schachzug könnte Kutschaty Genossen in seinem Bundesland hinter sich vereinigen, die diesen Mut dann honorieren, wenn es schon bald um eine Personalie geht, bei der Kutschaty viel realistischere Chancen eingeräumt werden dürfen: Irgendwann werden die Leute in NRW wissen wollen, wer bei der Landtagswahl 2022 für die SPD gegen den Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) ins Rennen gehen wird. Dann könnte es zum Duell zwischen Kutschaty mit SPD-NRW-Chef Sebastian Hartmann kommen, und es ist kein besonders großes Geheimnis, dass der Rechtsanwalt aus Essen-Borbeck mittelfristig auf die Vereinigung der Ämter von Fraktions- und Landeschef schielt, um 2022 ein starker Kandidat sein zu können.

Olaf Kupfer.

Foto: ja/Sergej Lepke

Kutschaty hat mit seinen frühen und beständigen Anti-Groko-Thesen den Zeitgeist erwischt, der ihn jetzt weit tragen kann. Er hat eine breite innerparteiliche Profilierung trotzdem noch nötig: Weil er es zwar geschafft hat, eine zersplitterte SPD-Fraktion weitestgehend zusammenzuführen, bei seiner Kampfkandidatur um den Fraktionsvorsitz vor einem Jahr aber auch manchem Genossen auf die Füße getreten ist. Wie sehr das nachwirkt, oder ob gerade dieses Machtbewusstsein inzwischen gefragt ist in der SPD, das wird sich schon bald zeigen. Inzwischen also auf Landes- und Bundesebene.