Der Fall Snowden ist längst nicht ausgestanden
Kommentar: Neue Enthüllungen in Sachen Edward Snowden
Der Fall des amerikanischen Informanten Edward Snowden hat von Anfang an besten Stoff für Verschwörungstheorien aller Art geboten. Hier der Whistleblower, der der Welt nach eigenen Angaben die Augen für zweifelhafte Methoden der Geheimdienste öffnen wollte. Dort die Geheimdienste der USA und Großbritanniens sowie die Weltmacht USA, die Snowden als Landesverräter bezeichnen, der die nationale Sicherheit gefährdet und vor Gericht gestellt werden muss.
Jetzt gibt es erneut einen Aufschrei, weil Russland und China in Besitz höchst brisanter Informationen aus dem Snowden-Fundus gekommen sein sollen. Ist das wirklich so eine Überraschung?
Überraschend an der Tatsache ist allenfalls die Behauptung, Russland und China hätten die Daten „gehackt“. Viel wahrscheinlicher dürfte es doch sein, dass die beiden Länder die Daten schon längst besitzen — und dass sie die Eintrittskarte Snowdens in Wladimir Putins Reich in Moskau waren. Putin habe Snowden nicht umsonst Asyl gewährt, heißt es ganz offen in Moskau. Snowden kam damals aus Hongkong nach Russland — so ist es wahrscheinlich, dass er auch dort einen „Preis“ an die Chinesen für seine Ausreise zahlen musste. Da klingt der Satz schon fast naiv, den der Whistleblower den Journalisten damals in den Block diktierte: „Die Wahrscheinlichkeit, dass Russen und Chinesen irgendwelche Dokumente bekommen haben, liegt bei null Prozent“, sagte Snowden im Oktober 2013.
Die USA und Großbritannien wiederum haben ein großes Interesse an den jüngsten Enthüllungen, sollen sie doch ganz deutlich zeigen, welche dramatischen Folgen die Aktion eines Einzelnen für die Geheimdienste hat. Agenten mussten aus „feindlich gesinnten Ländern“ abgezogen werden; China und Russland „wissen nun, wie wir arbeiten“, heißt es etwa bei der britischen Regierung. Sind also auch diese jüngsten „Enthüllungen“ gezielt gesteuert? Man darf es vermuten.
Nichts in der Sache Edward Snowden geschieht zufällig. Die wenigsten Informationen und Enthüllungen lassen sich nachprüfen. So bleibt ein tiefes Unbehagen. Und die Erkenntnis, dass dieser Fall noch längst nicht ausgestanden ist.