Die CSU verteilt bereits das Fell des Bären

Horst Seehofer macht die Pkw-Maut zur Koalitionsbedingung

Düsseldorf. Ein altes Sprichwort besagt: Du sollst das Fell des Bären nicht verteilen, bevor der Bär nicht erlegt ist.

Gut, der sozialdemokratische Bär kommt sechs Wochen vor der Bundestagswahl eher wie ein Plüschtier daher. Dennoch ist es von CSU-Chef Horst Seehofer unklug, jetzt bereits mit der Schwesterpartei um Details eines Koalitionsvertrags pokern zu wollen — wo die Wahl längst nicht gewonnen ist.

Ungeschickt, wenn nicht gar dilettantisch ist es sogar, mitten im Wahlkampf den Streit mit der CDU um die Einführung einer Pkw-Maut für Ausländer eskalieren zu lassen. Da kann auch die Landtagswahl in Bayern nicht als Begründung herhalten.

Beim Gedanken daran, dass sich die möglichen neuen alten Koalitionäre in Zukunft genauso streiten könnten wie in der zu Ende gehenden Legislaturperiode, kann sich der Wähler eigentlich nur mit Grausen abwenden.

Natürlich ist Seehofer für seinen (wiederholten) Vorstoß viel Beifall gewiss. Denn wer ärgert sich nicht darüber, auf dem Weg in den Süden zur Kasse gebeten zu werden, gleichzeitig aber Österreicher, Italiener und Co. gebührenfrei über deutsche Straßen rollen?

Der Bayer versichert zwar, keine ausländerfeindlichen Ressentiments schüren zu wollen. Doch seine Rechnung, dass mit den Einnahmen das marode Straßennetz renoviert und ausgebaut werden soll, geht nicht auf. Fast 95 Prozent des Straßenverkehrs in Deutschland entfallen auf deutsche Autofahrer.

Also dürften die Einnahmen einer Pkw-Maut für Ausländer nicht einmal das dafür benötigte Kontrollsystem finanzieren. Zudem scheint Seehofer nur bis zur bayrischen Staatsgrenze zu denken: Die Europäische Union würde eine Abgabe nur für Ausländer nicht mittragen. Das sollte er wissen.

Also legen wir den Vorstoß als Wahlkampfgetöse ad acta? Besser nicht. Denn fraglos muss mehr Geld in die Infrastruktur fließen. Doch die Schuldenbremse setzt Bund und Ländern enge Grenzen. Deshalb dürfte eine Pkw-Maut für alle nach der Wahl erneut auf der Agenda stehen — bei Schwarz-Gelb genauso wie bei Rot-Grün.

Die Frage ist nur, wie eine gerechte Abgabe aussieht. Eine Vignette, die den Fahrer, der nur ein paar tausend Kilometer im Jahr fährt, genauso zur Kasse bittet wie den Vielfahrer, wäre es jedenfalls nicht.