Meinung Die deutsch-österreichischen Beziehungen - Viel Süßholz

Da ist viel Süßholz geraspelt worden nach dem Treffen der deutschen Kanzlerin mit ihrem österreichischen Amtskollegen. Das Bemühen Angela Merkels und Christian Kerns, die Beziehungen beider Seiten auf neue Füße zu stellen, ist unüberhörbar gewesen.

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Ein Neuanfang ist auch dringend notwendig. Denn der Graben zwischen Berlin und Wien war in den letzten Monaten extrem groß geworden, nachdem der frühere österreichische Bundeskanzler Faymann eine Kehrtwende in der Flüchtlingspolitik hingelegt hatte. Plötzlich fielen Schlagwörter wie Obergrenze, Notverordnung, Grenzschließungen. Entsprechend wurde in Wien auch gehandelt. Ohne Rücksicht auf Angela Merkel, die lange Zeit in Faymann einen engen Verbündeten gesehen hatte.

Von Vertrauensbruch ist damals die Rede gewesen. Zwar setzt Kern die Politik seines Vorgängers fort, aber das Miteinander zwischen ihm und Merkel ist unbelastet. Was viel wert sein kann. Wobei auch richtig ist: Die harte Linie der Österreicher hat erheblich dazu beigetragen, dass sich die Flüchtlingssituation in Deutschland entspannt hat. Dass weiß auch Angela Merkel. Faymann hat damals vor allem dem Druck der rechtsgerichteten FPÖ in seinem Land nachgegeben. Merkel hat diesen Druck hierzulande auch gespürt - seitens der AfD, aber vor allem seitens der CSU.

Und sie hat sich bewegt, beispielsweise durch die Verschärfung der Asylgesetze. Ansonsten ist sie ihrer Linie treu geblieben. Die neue Freundschaft könnte jedoch schon bald auf die Probe gestellt werden. Wenn sich Tausende Flüchtlinge, die in Libyen festsitzen, auf den Weg nach Europa machen. Oder wenn das Abkommen der EU mit der Türkei scheitern sollte. Dann wird sich zeigen, wie belastbar die wieder belebte Achse Berlin-Wien tatsächlich ist.