Meinung Erbschaftssteuer: Der letzte Wille
Es war des Schweißes der Edlen wert, bei der Reform der Erbschaftssteuer sehr genau zu sein, damit nicht aus Versehen Arbeitsplätze kaputt gehen. Man soll den Kampf besonders der CSU nicht von vornherein verunglimpfen.
Hier wurde hart um das Ziel gerungen, alle Eventualitäten zu erfassen. Die deutschen Steuergesetze versuchen ja ohnehin, jeder persönlichen Besonderheit möglichst genau gerecht zu werden, das erwarten auch Arbeitnehmer. Bei der Besteuerung großer Firmenvermögen im Erbschafts- oder Schenkungsfall gilt das besonders. Am jetzt gefundenen Kompromiss haben viele Steuerfachanwälte und Experten mitgeschrieben. Trotzdem - oder gerade deswegen - wurde kein gutes Ergebnis erzielt.
Firmenerben konnten sich bislang von der Steuer befreien lassen, wenn sie den Betrieb fortführten. Das war und ist richtig. Eine empörende Ungerechtigkeit war jedoch, dass gar nicht geprüft wurde, ob sie persönlich überhaupt so bedürftig waren, dass sie verschont werden mussten. Anders als jeder andere Steuerzahler, bei dem der Fiskus nie berücksichtigen würde, ob er gerade klamm ist oder nicht. Er muss immer zahlen. Diese Ungerechtigkeit sollte auf Weisung des Verfassungsgerichts endlich beseitigt werden, doch ist das nur im Grundsatz gelungen. Es gibt dank der CSU und der Mittelstands-Lobbyisten so viele Ausnahmen und Freibeträge, dass das Gesetz möglicherweise schon die Hürde Bundesrat nicht schafft, wo die Grünen skeptisch sind. Es könnte aber auch bei einer Wiedervorlage in Karlsruhe scheitern - und das wäre dem Vorhaben zu gönnen.
Denn an die 300 Milliarden Euro werden in Deutschland jedes Jahr vererbt, mit steigender Tendenz. Zwar entfällt bei jenen, die außer Schulden überhaupt etwas vererben können, ein Großteil auf das, was man als normale Lebensleistung bezeichnen muss: Ein bisschen Geld, ein kleines Häuschen. Dafür gibt es ausreichende Freibeträge. Es gibt aber auch die ungeheuer Reichen. Bei ihnen werden auf der Lebensleistung der Verstorbenen jetzt regelrechte Dynastien gegründet, mit Aktien, Häusern, Firmen. 30 Prozent Steuer werden erst ab 26 Millionen fällig. Nur ein Lottogewinn ist als ähnlich leistungslos erhaltenes Einkommen noch steuergünstiger.
Dieser niedrige Satz und die zahlreichen Ausnahmen beim Firmenvermögen, in die auch nach der Reform noch Etliches verschoben werden wird, sorgen gemeinsam dafür, dass sich die Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland immer weiter vertieft. Reich nicht durch Können, sondern durch Geburt. Das wird das Land irgendwann aus der Balance werfen, es wird die Leistungsbereitschaft schwächen und die Demokratie unterhöhlen. Kann das wirklich ein letzter Wille sein?