Meinung Die EM und ihre Begleiterscheinungen - Pardon, liebe Franzosen

Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat am Mittwoch bei seinem Besuch in Paris dazu aufgefordert, endlich mehr über das Schöne einer Fußball-Europameisterschaft zu sprechen. Er hat ja Recht.

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Das würde man liebend gerne tun. Aber das Schlechte lässt sich nicht einfach ignorieren. Der Fußball in Frankreich steht nun mal immer noch im Schatten des Terrors und der brutalen Gewalt von Hooligans. Pardon, liebe Franzosen, aber so macht die EM keinen Spaß.

Wobei: Auch Deutsche leisten zu diesem negativen Gefühl einen erheblichen Beitrag. Und das ist bestimmt nicht fußballerisch gemeint. Heute spielt die DFB-Elf gegen die polnische Nationalmannschaft. Hier gilt: Das Spiel ist ein Hochrisikospiel.

Wieder besteht die Gefahr, dass Hooligans und rechte Schläger die Begegnung für ausufernde Krawalle nutzen. Wie schon so oft in der Vergangenheit, wenn beide Teams aufeinandergetroffen sind. Erinnert sei nur an die Ausschreitungen in Dortmund bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006. Und deutsche Hooligans sollen bereits in Paris sein, wo die Partie diesmal stattfindet.

Deshalb mutet es merkwürdig an, wenn das Bundesinnenministerium jetzt nachdrücklich vorrechnet, dass 2500 Personendaten aus der Gewalttäterdatei Sport den Franzosen übermittelt worden sind, 600 potentielle Krawalltouristen in Deutschland direkt ins Visier genommen und zahlreiche Ausreisen untersagt sowie Meldepflichten auferlegt wurden. Dennoch konnten Rechtsradikale sich am Sonntag stolz mit dem unsäglichen Hitlergruß und der Reichskriegsfahne in Lille präsentieren, Gewalttäter sich mit anderen prügeln.

Ungehindert und bislang ohne Konsequenzen. Die Frage, die sich aufdrängt, lautet daher: Wie kann das sein, wenn das Ministerium doch beteuert, dass die Sicherheitsbehörden im Vorfeld der EM vorbeugend alles Nötige getan haben?

Die Antwort darauf ist einfach: Offenkundig ist dem doch nicht so gewesen. Es wurden zu wenige präventive Maßnahmen ergriffen und es wurde an den Grenzen nicht genug kontrolliert, um die Ausreise potentieller Schläger zu verhindern. Hinzu kommt eine mangelnde Kommunikation von französischer Seite, wie immer wieder von deutschen Behörden zu hören ist.

Die Hooligan-Gefahr ist augenscheinlich wegen der andauernden Debatte über den Terror vielleicht nicht ignoriert, aber eben auch nicht ernst genug genommen worden. Fatal. Dabei haben Experten frühzeitig gewarnt - in einschlägigen Internetforen waren die Krawalle generalstabsmäßig geplant worden.

Mit den Hooligans ist es jedoch wie mit den Terroristen - wenn der Staat nicht hart und konsequent durchgreift, wirkt er wehrlos. Und er ermuntert dadurch die Gewalttäter. Noch besteht die Möglichkeit, dass diese EM anders verläuft, sie also doch noch Spaß macht. Schon heute Abend.