Meinung EM 2016 - Eine Chance für Europa

Wie weit sich hinter dem Großereignis in Frankreich die Fassade des Terrors wird ausbreiten können, versuchen Experten seit Monaten abzuschätzen. Zu endgültigen Antworten werden sie nicht kommen. Aber vielleicht gelingt es dieser Fußball-Europameisterschaft ja auch tatsächlich, Akzente auf ganz anderem Gebiet zu setzen.

Foto: Sergej Lepke

Positive Akzente, die von Europa lange nicht ausgegangen sind.

Diese EM muss man nicht alternativlos als aufgeblähtes Monstrum von 24 Mannschaften erkennen. Man darf sie auch als ausgezeichnete Chance auf Teilhabe kleinerer Fußball-Nationen am Establishment und als sprudelnde Quelle an Fußball-Exoten erkennen, denen der Fan dann meistens doch in Zuneigung verbunden ist. Slowakei gegen Wales? Warum denn bitte nicht? Nordirland und Irland in einem Turnier? Russland und die Ukraine? Es hat schon schlechtere Bühnen gegeben als den sportlichen Wettkampf, um politischen Konflikten etwas an Schärfe zu nehmen. Oder immerhin: Unter den Augen der euopäischen Öffentlichkeit Momente der Gemeinsamkeit zu produzieren — und nicht Bilder neuen Hasses zu liefern.

Ohnehin ist ja anhand der Zahlen von öffentlichen Fußball-Beschauern, TV-Einschaltquoten oder anderen Messinstrumenten offensichtlich, dass die Menschen nach diesem Gefühl von sommerlicher Leichtigkeit, erlebt in Gemeinschaft, gieren. Europa, dessen Zusammenhalt politisch gesehen eine Farce ist, wird über die EM-Teilnehmer 620 Millionen von 750 Millionen europäischen Bürgern abbilden. Und Menschen zusammentreffen lassen, deren Begegnungen für den inneren Zusammenhalt des Kontinents weit mehr ausrichten können, als vereinbarte Menschenverschiebungen im politischen Tempel der Diplomatie. Kurzum: Die Fußball-EM ist die Chance für Europa, sich von sich selbst zu erholen. Und am Ende davon etwas Positives mitzunehmen.