Meinung Die Gutachteritis wird Rot-Grün Stimmen kosten

Die rot-grüne Begutachtungserwartungsgemeinschaft, früher einmal Landesregierung von NRW, muss auf ihrem Abwarte-Bänkchen aufrücken: Integrationsminister Rainer Schmeltzer (SPD) will jetzt nach dem Vorbild von Staatskanzlei, Schul- und Innenministerium in Sachen der Erdogan-gesteuerten türkischen Moschee-Organisation Ditib lieber auch erstmal warten, was andere so sagen.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Seit dem zivilen „Säuberungs“-Putsch des vergangenen Sommers, mit dem Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan den Startschuss für die Umwandlung der früheren türkischen Republik in eine islamische Präsidial-Diktatur gegeben hat, eiert die NRW-Landesregierung herum.

Als Erdogans Religionsbehörde den Ditib-Imamen in Deutschland, die von ihr ausgewählt, ausgebildet und bezahlt werden, nationalistische Predigten vorschrieb, zog die Landesregierung keine Konsequenzen, sondern vertröstete auf ein Gutachten über den Religions-Charakter der Ditib.

Um herauszufinden, dass Ditib wesentliche Merkmale einer Religionsgemeinschaft im Sinne des deutschen Rechts fehlen, braucht man eigentlich kein Gutachten: Ditib steht wesentlich unter dem Einfluss des türkischen Staates bis hinunter zu Vertretern der türkischen Generalkonsulate in Deutschland, die Zahl der tatsächlichen Mitglieder lässt sich nicht überprüfen, und, und, und. Obwohl das Innenministerium türkische Lehrer informiert haben soll, dass ihre Namen auf Spitzel-Listen von Ditib-Imamen standen, will der Integrationsminister lieber auf Ergebnisse des Generalbundesanwalts warten, bevor der „Konsequenzen“ zieht, von denen er nicht sagt, welche das sein sollen.

Statt ihren Innenminister zur Rechenschaft zu ziehen, möchte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) einen unabhängigen Ermittler, während ihre Stellvertreterin Löhrmann (Grüne) sowie ihr Integrationsminister Schmeltzer in Sachen Ditib lieber aufs Christkind warten, weil das Gutachten erst zum Jahresende vorliegen soll. Rot-Grün mag diese durchsichtige Gutachteritis mit dem Ziel, sich um Entscheidungen vor der Landtagswahl am 14. Mai herumdrücken zu können, für gewitzt halten. Falsch. Wer derart unverhohlen demonstriert, dass er entweder unwillig oder unfähig zu politischen Entscheidungen ist, bekommt auf dem Wahlzettel die Quittung dafür. Zu Recht.