Meinung Die SPD-Vorsitzende geht in die Wahlkampfaufstellung
Hannelore Kraft hat nicht einmal Platz für den Hauch eines Zweifels gelassen, in welcher Funktion sie am Montag ihr Kabinett umgebaut hat: Sie hat es nicht als Ministerpräsidentin getan, sondern als Vorsitzende der NRW-SPD.
Schon bevor Hannelore Kraft selbst die Entlassung der SPD-Ministerinnen und Minister Ute Schäfer (Familie), Guntram Schneider (Arbeit) und Angelica Schwall-Düren (Bund, Europa, Medien) verkündete, durfte das eine ost-westfälische Regionalzeitung (Mehrheitseigentümer: SPD) aus dem Wahlkreis der neuen Familienministerin Christina Kampmann tun.
Und um es ganz klar zu sagen, formulierte Vize-Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann es so: Die Kabinettsumbildung sei „eine Entscheidung des Koalitionspartners“. Kraft hat in den vergangenen Monaten bestritten, dass ihr der Sinn nach einer Kabinettsumbildung stehe. Das mag zugetroffen haben oder auch nicht, jedenfalls erlaubt ihr der freiwillige Rückzug der seit dem Sommer Pensionsberechtigten die Angelegenheit als SPD-Interna zu behandeln.
Lässt man das erwartbare Gemecker der Opposition (CDU: „letztes Aufgebot“; FDP: „so aufregend wie eingeschlafene Füße“) beiseite, hat sich die SPD-Vorsitzende Kraft mit dieser Aufstellung im Hinblick auf die Landtagswahl 2017 keineswegs verschlechtert. Christina Kampmann versteht vielleicht nicht viel von Familienpolitik, aber dafür von Digitalisierung und Flüchtlingsfragen. In beiden Themenfeldern engagiert sie sich derzeit als Bundestagsabgeordnete. Beides sind Zukunftsthemen, zu denen der NRW-SPD bislang das richtige Gesicht fehlte. Der Kultur, die ebenfalls zu ihrem Ressort gehört, kann sie nicht wesentlich schaden.
Als Leiter der Staatskanzlei macht Franz-Josef Lersch-Mense einen exzellenten (also geräuschlosen) Job, die Bundes- und Europaangelegenheiten kann er gut mitübernehmen. Das bisschen Medienpolitik, das in NRW noch stattfindet, kann Schwall-Dürens Staatssekretär Marc Jan Eumann auch alleine (viele hielten ihn ohnehin für den Minister, zu dem Kraft ihn aber nicht machen kann).
Dass das einstige Medienland NRW, in dem Millionen Euro in die Standortsicherung geflossen sind, hier nicht besser aufgestellt ist, gehört zu den Schwächen aller NRW-Regierungen, die nach Wolfgang Clement kamen. Rainer Schmeltzer ist ein Top-Ersatz für Guntram Schneider, der sein Ministerium so effizient und geschickt führte wie zuvor den DGB: nämlich gar nicht.