Meinung Ed Sheeran-Konzert - Event-Hysterie gegen alle Vernunft
Wer etwas über Nachhaltigkeit lernen möchte, sollte sich Anfang Juli ein paar Tage Auszeit im Départment Vendée in der französischen Region Pays de la Loire gönnen. Dort fällt nämlich diesmal der Startschuss für die Tour de France.
Sich unter die Radsportfans zu mischen und den Wissenstest zu machen, wo die Rennfahrer denn im Vorjahr losgestrampelt sind, wird vermutlich ein ernüchterndes Ergebnis ans Tageslicht bringen. Dass die Tour 2017 in Düsseldorf auf den Weg gebracht wurde, dürfte für die meisten längst in der Kategorie „unnützes Wissen“ abgespeichert sein. Aber damit wurde wenigstens kein Schaden angerichtet. Das könnte ganz anders werden, wenn die Stadt in ihrer Gier nach Großveranstaltungen für Ed Sheeran auf dem kleinen Dienstweg mit viel Druck ein neues Konzertgelände auf den Weg bringt.
Dabei haben die Planer nur einen Steinwurf entfernt das warnende Beispiel vor Augen. Denn in der Messe findet der Prozess um die Katastrophe bei der Duisburger Love-Parade statt, bei der 21 Menschen ums Leben kamen. Auch da wurde mal schnell eine Massenveranstaltung genehmigt, ohne gründlich zu prüfen, welchen Gefahren die Besucher ausgesetzt sind.
Das Argument, der Messeparkplatz sei ja eine freie Fläche und es gebe keinen Tunnel, ist zu kurz gegriffen. Auf einem offenen Gelände drohen ganz andere Gefahren. Was passiert, wenn Ed-Sheeran-Fans, die keine Karte bekommen haben, von außen mit allen Mitteln versuchen, doch noch zum Konzert zu kommen? Was geschieht, wenn 84 000 Menschen plötzlich einem Unwetter ausgesetzt sind und in Panik geraten?
Tatsache ist, dass man solche Simulationen nicht im Schnelldurchgang abhaken kann. Seriöse Gutachter, die ein solches Gelände auf alle Sicherheitsaspekte abklopfen, brauchen dafür mindestens ein halbes Jahr. Und die Zeit ist noch knapp bemessen. Diese Bedenken über Bord zu werfen, ist Event-Hysterie gegen alle Vernunft.
Abgesehen davon zeugt es von einer beispiellosen Naivität, ein riesiges Konzertgelände zu schaffen und damit zu rechnen, dass sich in Düsseldorf die Stars die Klinke in die Hand geben. Acts, die solche Massen in Bewegung setzen, kann man an zehn Fingern abzählen. Dass dafür ohne Bedenken 104 Bäume abgesägt werden sollen, die mehr als 30 Jahre alt sind, führt wieder zum Thema Nachhaltigkeit. Der angerichtete Schaden ist nachhaltig.