Eine Reform mit begrenzter Haltbarkeit
Martin Vogler kommetiert die am Freitag vom Bundestag beschlossene Gesundheitsreform.
Ist das die bahnbrechende Reform, die das Gesundheitssystem zumindest für ein paar Jahre retten wird? Mit diesem gewaltigen Anspruch war die Koalition angetreten, muss sich folglich an ihm messen lassen.
Doch was gestern verabschiedet wurde, beinhaltet zwar einige konstruktive Ansätze, das große Reformziel wurde aber verfehlt. Den radikalen Systemwechsel, den Kritiker unterstellen, bedeutet es ebenfalls nicht.
Besonders unzufrieden dürfte die wichtigste Gruppe sein, die der gesetzlich Versicherten nämlich. Denen geht es an den Geldbeutel - und das voraussichtlich in drei Stufen: Wer zum Beispiel 3000 Euro verdient, muss monatlich neun Euro mehr an seine Krankenkasse zahlen.
Das wird keinen Arbeitnehmer freuen, übrigens auch keinen Arbeitgeber, für den die gleiche Steigerung gilt. Doch der größere Ärger wird folgen, wenn künftige Beitragserhöhungen allein von den Versicherten getragen werden müssen und zudem mehr Kassen Zusatzbeiträge verlangen.
Der Beschluss von Freitag beinhaltet also das Potenzial, die Mehrzahl der Bürger gleich dreimal zu verärgern. Mit Blick auf die nächste Wahl lässt das für die Regierungsparteien nichts Gutes ahnen. Und damit wäre auch die Reform schon gekippt, wie es die Opposition für den Fall eines Machtwechsels angekündigt hat.
Allerdings wäre auch eine Rücknahme der Beschlüsse keine gute Lösung. Denn in der Gesundheitspolitik kann es nicht so wie bisher weitergehen. Und wenn die Opposition glaubt, mit Kostendämpfung zu Lasten der Ärzte und der Pharmaindustrie wesentliche Erfolge zu erzielen, täuscht sie sich.
Damit ließen sich die weiteren Steigerungen der Gesundheitskosten bestenfalls geringfügig abschwächen. Denn das Problem ist grundsätzlicher Natur: Glücklicherweise leben wir immer länger.
Das bedeutet aber, dass der Anteil derer steigt, die keine oder nur geringe Kassenbeiträge zahlen und gleichzeitig mehr Leistungen empfangen. Außerdem ist unsere medizinische Versorgung viel besser als vor einigen Jahrzehnten, doch auch das hat seinen Preis.
Das Gesundheitssystem benötigt folglich eine echte Reform, bei der auch mehr Eigenverantwortung eine Rolle spielen kann. Leider erfüllen weder die Regierungslösung noch die Alternativvorschläge diesen Anspruch.