Republikaner bei Kongresswahl vorne: Berlin verliert in Amerika an Einfluss
Ein Kommentar von Peter DeThier.
Die Kräfteverschiebung in Washington ist perfekt, doch nicht nur die USA müssen sich auf tiefgreifende politische Veränderungen gefasst machen.
Auch für Europa wird das Wahldebakel der Demokraten Folgen haben. Schließlich präsentiert sich US-Präsident Obama seit seinem Amtsantritt als Integrationsfigur, der im Gegensatz zu seinem Vorgänger nicht auf Alleingänge setzt, sondern die wichtigsten Verbündeten aktiv in Entscheidungsprozesse einbindet. Davon hat nicht zuletzt Deutschland profitiert, aus der Sicht des Weißen Hauses fraglos der wichtigste kontinentaleuropäische Partner.
Nun aber sieht sich der Präsident plötzlich neuen Zwängen gegenüber und tritt als deutlich geschwächter Verhandlungspartner auf. Unter anderem wollen erzkonservative Republikaner, die nun wichtige Ausschüsse im Repräsentantenhaus leiten werden, den Antiterrorkampf deutlich verschärfen. Noch stärker als bisher werden sie Behörden in Deutschland und anderen europäischen Ländern vorschreiben wollen, wie sie Sicherheitsmaßnahmen zu gestalten haben - ob an Flughäfen, beim Frachtverkehr oder dem Abfangen elektronischer Kommunikation.
Obwohl Obama durchblicken ließ, dass in der Außenpolitik mit Kontinuität zu rechnen ist, werden zumindest nuancierte Veränderungen zu erkennen sein. Unklar ist zu Beispiel, ob die Republikaner, die traditionell auf die besondere Freundschaft zu Großbritannien setzen, weiterhin Kanzlerin Merkel als bevorzugte Ansprechpartnerin ansehen werden, wenn es darum geht, sich über die europäische Perspektive zu informieren.
Am deutlichsten und unmittelbarsten aber wird die Wende in Washington auf die Handelspolitik durchschlagen. So wollen die Republikaner einen deutlich rigoroseren Kurs gegenüber jenen Ländern steuern, die große Überschüsse gegenüber den USA verzeichnen. Dazu zählt vorrangig China, wo man aber aus strategischen Gründen auf leisen Sohlen tritt. Gleich danach rangiert Deutschland, das von den USA noch dringlicher als bisher unter Druck gesetzt werden dürfte, im Konzert mit anderen EU-Ländern die Binnennachfrage anzukurbeln, die Märkte weiter zu öffnen und damit amerikanischen Exporten bessere Chancen zu geben.