Meinung Essener Tafel hat mehr erreicht, als ihr im Sinn lag
Drei Monate lang hat die Essener Tafel Ausländer als Neukunden nicht mehr aufgenommen. In dieser Zeit wurde die private Wohlfahrtsinitiative für jede nur mögliche Interpretation des gesellschaftlichen Zusammenlebens von Ausländern und Deutschen (und das sind nur die oberflächlichsten Gruppenzuweisungen) benutzt.
Vom Verdrängungswettbewerb zum Nachteil der Deutschen war von rechts die Rede. Von radikalem Ausländerhass — von links. Und die gesamte politische Klasse Berlins arbeitete sich am Kanzlerwort ab, als Merkel urteilte: „Ich glaube, da sollte man nicht solche Kategorisierungen vornehmen. Das ist nicht gut.“ Die Verführung war zu groß, Merkel daraus nach der „Wir schaffen das“-Debatte und inmitten der schwierigen Regierungsbildung Realitätsferne nachzuweisen.
Die Fakten aber waren viel weniger geeignet für eine politische Wertediskussion: Denn das Leben bei der Essener Tafel, die schon vom Wesen her als Hilfe auch für ausländische Bedürftige nicht im Verdacht stehen kann, rassistisch zu argumentieren, findet zuerst vor Ort statt. Im Alltag: Wo Ehrenamtliche anpackend helfen, denen nicht egal ist, dass sozial Benachteiligte Mühe haben, ihr Leben mit Grundbedürfnissen zu gestalten. Es war sicher nie unberechtigt, dass andere Tafeln mit gleichem ehrenwerten Anspruch das Essener Vorgehen befremdete. Es war aber unerhört, daraus politisch bis in höchste Ebenen Kapital zu schlagen — und aus „Essen“ Urteile für ein Zusammenleben zu zimmern, die das unselige Schwarz-Weiß-Denken unserer „neuen Gesellschaft“ auf übelste Weise verstärkt haben. Es sind Pragmatiker wie der Essener Tafel-Vorstand Jörg Sator, die anderswo entstandene Probleme dieser Republik abarbeiten. Oft gelingt ihnen das ohne viel Unterstützung mit lebensnahem Pragmatismus, der in diesem Fall erkannt hat: In wohl deutlicher Mehrzahl halten sich Ausländer nicht an die Regeln und werden deswegen für bestimmte Zeit nicht mehr aufgenommen. Man darf davon ausgehen, dass sich die Abläufe nach der befristeten Maßnahme wieder disziplinierter gestalten. Kann das also so falsch sein? Den schlauesten Satz dazu hat der grüne Politiker Robert Habeck gesagt: „Letztlich baden Freiwillige aus, was die Politik versäumt hat. Die Antwort kann nur sein, dass wir Integration genauso vorantreiben wie den Kampf gegen Armut.“ Dann hätte die Essener Tafel mehr erreicht, als ihr je im Sinn lag.