Kein Ersatz für Hartz IV

Will die SPD Hartz IV tatsächlich wieder loswerden? Fast klingt es so, denn jene Stimmen, die das angeblich so ungerechte System kippen möchten, mehren sich. Sie glauben, dass die SPD nur mit einer Abkehr von der Schröder’schen Agenda-Politik eine solidarische Gesellschaft gestalten kann.

Noch hält die Parteispitze dagegen, allen voran Bundesfinanzminister Olaf Scholz, der die SPD in diesen Tagen kommissarisch führt. Er verfügt über die besseren Argumente. Hartz IV hat sich bewährt. Dass Deutschland heute mit einer Arbeitslosenquote von 5,5 Prozent richtig gut dasteht, hat immer noch sehr viel mit der Agenda 2010 zu tun.

Dennoch muss jetzt über Hartz IV diskutiert werden. Aber nicht, um das System abzuschaffen, sondern um es weiterzuentwickeln. Zum Beispiel durch einen sozialen Arbeitsmarkt für Langzeitarbeitslose, deren Zahl seit vielen Jahren unverändert hoch ist. Der Staat finanziert Beschäftigung, Vollzeit-Stellen mit Sozialversicherung zum Mindestlohn. Diese Arbeitsplätze sind ein Angebot, kein Zwang. Wer einen Job annimmt, tut das freiwillig und hat etwa 20 Prozent mehr in der Tasche als bei Hartz IV. Das Mehr an Selbstachtung und Würde lässt sich in Euro nicht beziffern.

Klar, jetzt kommen die Bedenkenträger und sagen, dies sei eine Konkurrenz zum regulären Arbeitsmarkt. Aber das stimmt nicht. Es gibt jede Menge gesellschaftlich notwendige Tätigkeiten, die nicht geleistet werden. Und dabei geht es nicht nur um das Säubern von Parks oder die Bepflanzung von Grünstreifen, sondern zum Beispiel um die Kranken- und Altenpflege. Dort brauchen die Fachkräfte dringend Entlastung, die Ungelernte bei einfachen Tätigkeiten durchaus leisten können. Den Menschen einfach mal zuhören oder mit ihnen an die frische Luft zu gehen — auch das kann den Wert des sozialen Arbeitsmarktes ausmachen. Mit diesem Angebot des Staates ließe sich die Lebensqualität aller Beteiligten erhöhen. Nur Mut.