Meinung Seehofers Sippenhaft

Horst Seehofer (CSU) muss man ernst nehmen — auch wenn das schwerfällt. Es sei von ihm „kein sozialromantisches Verständnis“ zu erwarten, hat Seehofer am Freitag gesagt und gleich eine Drohung hinterhergeschickt: Er werde seine Politik „nicht um einen Jota ändern“, sagte der deutsche Innenminister und ging gleich noch Tage nach der Regierungsbildung auf kompromisslose Konfrontation mit der Kanzlerin.

Foto: Sergej Lepke

Wahrscheinlich ist der Tag längst erreicht, an dem Angela Merkel (CDU) bereut, dass sie das Innenministerium dem treuen Merkel-Mann Thomas de Maizière (CDU) entrissen und in die Hände des noch mächtigen CSU-Mannes glaubte legen zu müssen. Denn der hat vor allem zwei Ziele: Der 68-Jährige will ein ausgeprägtes Ego befrieden. Zuletzt gelang ihm das, als er die unsägliche Islam-Diskussion just an jenem Tag öffentlichkeitswirksam anzettelte, als sein verhasster CSU-Konkurrent Markus Söder in Bayern Ministerpräsident wurde.

Und: Seehofer will von Berlin aus wiedergutmachen, was er als bayerischer Ministerpräsident mitzuverantworten hat: Dass die CSU unter seiner Führung bei den Bundestagswahlen im vergangenen Jahr abgestürzt ist. Und nun droht, bei der nächsten Landtagswahl die absolute Mehrheit auch in Bayern zu verlieren: Nur 40 Prozent Zustimmung für die Christsozialen sagen die Meinungsforschungsinstitute voraus. Und es ist das Trauma der CSU, das schon 2008 nach dem Sturz Stoibers wahr geworden war — Verlust der absoluten Mehrheit in Bayern.

Insofern gilt die Prämisse Seehofers, keinen Jota abzuweichen und weiter lieber über Grenzen als Ideen in den Köpfen nachzudenken und dabei eine Republik rückwärtsgewandt in Sippenhaft zu nehmen, mindestens und ganz sicher bis zum 14. Oktober dieses Jahres. Dann findet in Bayern die 18. Landtagswahl statt, die Seehofer aus Berlin heraus dominieren will, um Söder den Triumph um der Partei willen zugleich zu ermöglichen wie streitig zu machen.