Meinung Handwerk wertschätzen
Fast überall im Handwerk laufen die Geschäfte prächtig. Vor allem jene Betriebe, die etwas mit Bauen zu tun haben, können sich vor Aufträgen kaum retten. Weil sie für ihr Geld keine oder nur mickrige Zinsen bekommen, stecken die Leute ihr Erspartes lieber in die eigenen vier Wände.
Was vernünftig ist. Nur: Die Wartezeiten bei den Handwerkern werden immer länger. Wer nur kleinere Arbeiten zu erledigen hat, muss schon Stammkunde sein, um im nächsten Vierteljahr überhaupt einen Maler, Installateur oder Dachdecker zu Gesicht zu bekommen.
Angesichts dieses Booms könnten die Firmen viele neue Stellen schaffen. Das geschieht aber nicht, weil der Markt für Fachkräfte leer gefegt ist. Und daran wird sich auch nichts ändern, denn jedes Jahr bleiben Tausende Lehrstellen im Handwerk unbesetzt. Dafür gibt es handfeste Gründe: Das Image vieler Ausbildungen ist mies, die Bezahlung bescheiden. Vor allem Abiturienten peilen lieber einen höheren Bildungsabschluss an. Oft wissen sie nicht so recht, was sie nach dem Abi beruflich machen wollen und beginnen erst einmal ein Studium, das nach ein paar Semestern abgebrochen wird. Es fehlt an Berufsorientierung. Viele Schüler haben keine Ahnung, was in den mehr als 130 Ausbildungsberufen im Handwerk alles möglich ist. Und dass sich nach den Lehrjahren gutes Geld verdienen lässt.
Andreas Ehlert, Präsident der Handwerkskammer Düsseldorf, hat völlig recht, wenn er für die berufliche Bildung einen höheren Stellenwert fordert. Sie muss als gleichwertige Alternative zu akademischen Qualifikationen angesehen werden. Wie ein Studium sollte die Meisterausbildung hierzulande gebührenfrei sein. Deutlich mehr kann der Staat auch dort als Starthilfe leisten, wo Meister nach der Ausbildung einen Betrieb gründen oder übernehmen. Hilfreich wären auch mehr duale Studiengänge, bei denen Auszubildende ihren Gesellenbrief und einen akademischen Abschluss erlangen können. Groko, pack es an.