Handwerker gesucht: Kunden warten drei Monate und mehr
Der Bauboom beschert den Betrieben eine Flut von Aufträgen. Die niedrige Zinsen beflügeln das Geschäft. Es mangelt an Lehrlingen.
Düsseldorf. Wer dringend einen Klempner oder Dachdecker braucht, muss sehr viel Geduld mitbringen: zehn, zwölf oder noch mehr Wochen Wartezeit sind inzwischen üblich. Schneller geht es nur bei Notfällen, zum Beispiel nach Rohrbrüchen oder Sturmschäden.
„Die konjunkturelle Stimmung im Handwerk bewegt sich seit inzwischen acht Jahren sehr stabil auf Rekordhoch“, berichtet Andreas Ehlert, Präsident der Handwerkskammer Düsseldorf, auf Anfrage dieser Zeitung. Das gelte vor allem im Bauhaupt- und Ausbaugewerbe. „Hier ist die Auslastung der Betriebe kaum noch steigerbar.“
Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform bestätigt diesen Befund. Bei der jüngsten Konjunkturumfrage haben demnach 77,3 Prozent der Firmen ihre Geschäftslage mit „sehr gut“ oder „gut“ bewertet. Im baunahen Gewerbe waren es sogar mehr als 80 Prozent. Seit Beginn der Creditreform-Umfragen im Handwerk vor fast 30 Jahren wurden nie höhere Werte gemessen.
Vor allem die lange Niedrigzinsphase beschert den Betrieben volle Auftragsbücher. Weil die Menschen auf ihr Erspartes von den Banken und Sparkassen so gut wie nichts bekommen, stecken sie das Geld lieber in ihre Immobilie. Es wird modernisiert und saniert, was das Konto hergibt.
Besonders begehrt sind Installateure und Dachdecker. Ob sie einen Auftrag annehmen, hängt auch vom Umfang der Arbeiten ab. Große, gewinnträchtige Einsätze werden bevorzugt ausgeführt, kleinere Reparaturen abgelehnt. Besteht der Kunde bei geringfügigen Arbeiten auf einem Angebot, werden die Kosten schon mal so hoch angesetzt, dass sich das Thema von selbst erledigt. „Abwehrangebote“ heißt so etwas in der Branche.
Laut Kammerpräsident Ehlert sind die Auftragsreichweiten der Betriebe landesweit im vergangenen Jahr deutlich angestiegen. Öffentliche Auftraggeber müssen auf Straßenbauer inzwischen fast 16 Wochen warten. Mit Bestellungen für mehr als 17 Wochen sind Gebäudereiniger noch länger ausgebucht. Fliesenleger haben dagegen im Schnitt schon nach knapp neun Wochen einen Termin frei.
Obwohl die Branche boomt, fehlt es den Betrieben an Nachwuchs. Vor 20 Jahren gab es laut Statistischem Bundesamt 633 000 Lehrlinge in den Handwerksbetrieben, inzwischen sind es nur noch 363 000. In vielen Bereichen gibt es einen Fachkräftemangel, der auch zu Engpässen führt und als Wachstumsbremse wirkt. Ehlert fordert, „dass die berufliche Bildung einen höheren Stellenwert bekommen muss und als mindestens gleichwertige Alternative zu akademischen Qualifikationen angesehen wird“.
Beschwerden über lange Wartezeiten bei Handwerkern gibt es bei der Verbraucherzentrale NRW übrigens nicht. „Probleme mit Handwerkern sind bei uns zwar ein Dauerbrenner“, sagt Carolin Semmler. „Aber dabei geht es um mangelhafte Leistungen oder überhöhte Rechnungen.“ Um solchen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen, sollten die Kunden einige Regeln beachten (siehe Info-Kasten). Können sich die Beteiligten nicht einigen, rät Semmler dazu, die Schlichtungsstelle der örtlichen Handwerkskammer einzuschalten.