Meinung Europa steht auf dem Spiel
Knallhart will Theresa May den Brexit durchziehen. Halbe Sachen, Teilmitgliedschaft oder EU-Häppchen sind ihre Sache nicht. Raus aus der EU, raus aus dem Binnenmarkt, keine „enormen Summen“ mehr für den EU-Haushalt, viel weniger Zuwanderung auf die Insel — das ist schon starker Tobak.
Nun wird selten so heiß gegessen wie gekocht. May hat in ihrer Rede die britischen Maximalforderungen skizziert.
Dennoch ist klar, dass sich die EU auf extrem harte Verhandlungen einstellen muss. Theresa May fordert die Quadratur des Kreises. Die Premierministerin möchte nichts mehr geben, aber möglichst alles Positive der EU weiterhin in Anspruch nehmen. Damit darf sie nicht durchkommen. Die Nachahmer sitzen nämlich in den Startlöchern. Das wäre der Anfang vom Ende der EU.
Um dieses Szenario zu verhindern, müssen alle EU-Mitgliedsstaaten an einem Strang ziehen. Danach sieht es aber ganz und gar nicht aus. In der Flüchtlingspolitik, aber auch im Streit um Staatsverschuldungen treten immer mehr Brüche zutage. EU-Gegner gewinnen in vielen Ländern die Oberhand: Abschottung und Protektionismus statt freiem Handel und Weltoffenheit. Warum das so ist? Viele Politiker haben Europa als Selbstbedienungsladen missbraucht, haben eher an sich als an das große Ganze gedacht. Andere Politiker haben ihr Volk vielleicht auch mit einem Tick zu viel Europa überfordert und kulturelle Unterschiede unterschätzt.
Der Brexit und die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten müssen die ultimativen Weckrufe für die Europäische Union sein. Gelingt jetzt nicht der Zusammenhalt, schaffen es die Politiker nicht, den Bürgern deutlich zu machen, dass Europa nur gemeinsam in der Welt bestehen kann, dann werden die europäischen Länder einzeln zum Spielball von Populisten und Autokraten. Trump und Putin wetten auf das Aus für Europa. Noch ist es nicht zu spät, ihnen einen solchen Triumph zu verbauen.