Meinung Fußball-EM 2024 - Bewerbung kommt zu früh

Dass sich der Deutsche Fußball Bund nur 15 Monate nach dem aufgedeckten Skandal um die Heim-WM 2006 für das nächste große Turnier bewirbt, überrascht niemanden. Schon 2013 hatte der zurückgetretene DFB-Präsident Wolfgang Niersbach diese Idee unter das Fußball-Volk getragen.

Foto: Sergej Lepke

Ein stolzer Fußball-Verband wie der deutsche würde es als Zeichen der Schwäche und als verpasste Chance ansehen, wenn man sich mit der Aufarbeitung des Skandals um das Sommermärchen länger befasste, als man müsste. Es mag Franz Beckenbauers Ruf und Wolfgang Niersbachs Amt gekostet haben, aber abgesehen von einigen dieser „Leichen“ am Wegesrand ist der Verband dann eben doch relativ unbeschadet aus dieser Affäre hervorgetreten.

Manchmal erschreckt man sich ja über so viel Chuzpe in Fragen des Stils: Hätten sich, sagen wir, Italiener nach einem aufgedeckten Bestechungsskandal kurz darauf bei zugleich nicht abgeschlossener staatsanwaltschaftlicher Arbeit um das nächste Großereignis beworben: Sie wären hierzulande nicht mehr als belächelt worden. Deutschland allerdings ist Topfavorit auf den Job des Gastgebers 2024.

Darüber darf man sich freuen, wenn man hierzulande Fußball-Fan ist. Aber man sollte sich auch in diesem Fall daran stören, dass in der Welt der Sportverbände mit Attributen wie Rechtschaffenheit und Redlichkeit offenbar kein Blumentopf zu gewinnen ist. Das ist 2024 nicht anders als 2006. Und es bleibt nur die Hoffnung, dass das für den anstehenden Bewerbungsprozess nicht aufs Neue gilt.

Es ist Aufgabe des DFB, diesen Prozess nun immerhin auf eine fast übertriebene Weise transparent zu gestalten — dazu gehört auch die durchaus schwierige Auswahl der zehn deutschen Stadien, die am Ende ins Rennen gehen werden. Der DFB-Präsident Reinhard Grindel wird dabei unter Beobachtung stehen. Seine Argumente für eine EM in diesem Land sind zweifelsfrei gut. Aber der Zeitpunkt, sie vorzutragen, ist es nicht.