Fußfessel für Straftäter – eine trügerische Sicherheit
Ein Kommentar von Peter Kurz
Ein gefährlicher Sexualstraftäter kommt in Freiheit. Die an seiner Wade befestigte elektronische Fußfessel soll Alarm auslösen, wenn er sich einer Schule oder einem Spielplatz nähert. Dieser Gesetzesplan klingt nach gefährlichem Spiel mit der Sicherheit möglicher Opfer. Denn Fußfessel heißt auch: "auf freiem Fuß". Keine Fußfessel und auch kein GPS-Ortungssystem kann registrieren, wenn sich der Überwachte in der Nähe einer Frau oder eines Kindes befindet. Schnell kann es dann zu spät sein. Zwar nicht zu spät, den Täter zu überführen, weil ihm nachgewiesen werden kann, dass er am Tatort war. Wohl aber vielleicht für eine Verhinderung der Tat.
Mit dieser Argumentation ließe sich der Gesetzesvorschlag der Bundesjustizministerin leicht verdammen. Allerdings blendet dies das hinter der Sache stehende Problem aus. Der Gesetzgeber steht unter Handlungsdruck, seit der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Reform der deutschen Sicherungsverwahrung angemahnt hat. Mit deutlichen Worten verwarf das Straßburger Gericht die rückwirkende Anwendung der Gesetzesregeln auf Altfälle und prangerte auch generell die deutsche Sicherungsverwahrung an. Man kann den Richterspruch kritisieren- aber das hilft nicht weiter. Bundesweit 70 potenziell gefährliche Täter können sich darauf berufen. Will der deutsche Staat nicht einfach die Europäische Menschenrechtskonvention und das über sie wachende Gericht ignorieren, muss er reagieren.
Unvereinbar kollidieren hier elementare Rechte miteinander. Zum einen das Freiheitsrecht eines Verurteilten, der seine Strafe abgesessen hat und weiter festgehalten werden soll. Und zwar für Taten, die er noch gar nicht begangen hat, aber begehen könnte. Auf der anderen Seite steht unser aller Schutzbedürfnis gegenüber Tätern, die sich als gefährlich erwiesen haben.
Bisher gibt es die elektronische Fußfessel nur in Hessen und Baden-Württemberg. Kleine Ganoven, die man für wenig gefährlich hält, werden so überwacht. Hier aber geht es um tickende Zeitbomben. Eine elektronische Fußfessel allein reicht da nicht aus. Je nach Einzelfall bedarf es weiterer Maßnahmen. Von der Therapie bis zur Observation. Das ist teuer, gewiss. Aber jedes weitere Verbrechen "kostet" unendlich viel mehr.