Meinung Grünes Wahlprogramm: Die Stammwähler im Blick
Berlin. Vielleicht hat sich die Führung der Grünen ja an Nena erinnert. Die Pop-Ikone der Neuen Deutschen Welle sang einst: „Liebe wird aus Mut gemacht“. Beim grünen Wahlprogrammentwurf lautet die Überschrift „Zukunft wird aus Mut gemacht“.
Und auch der Song-Titel, aus dem die Liedzeile stammt, ist ganz passend: „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“. Schließlich fühlt man sich bei den Grünen tatsächlich irgendwie im Ungefähren. Wer ihnen bei der Bundestagswahl die Stimme gibt, weiß nicht, ob er mit einer unionsdominierten oder SPD-geführten Koalition aufwacht.
Dabei hatte die Partei doch eigentlich schon Kurs auf ein schwarz-grünes Bündnis genommen. Anders konnte die Wahl von Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir zum Spitzenduo kaum gedeutet werden. Doch mit der Wiedererweckung der Sozialdemokraten durch Martin Schulz hat sich die strategische Lage fundamental verändert. Der absehbare Zweikampf zwischen den großen Parteien droht die Grünen klein zu machen. In dieser Situation ist es zweifellos richtig, den Umweltschutz als zentrales Thema ins Wahlprogramm zu schreiben. Denn Ökologie kann die Partei in der Tat am besten.
Der Traum vor allem im Realo-Flügel, irgendwie einmal selbst Volkspartei zu werden, ist damit freilich auf lange Zeit ausgeträumt. Die Grünen müssen sich auf ihre Stammklientel besinnen, um im Zweifel nicht auch noch unter die Fünf-Prozent-Hürde zu rutschen. Dafür hat der Programmentwurf ohne Zweifel sein Gutes. Die Frage wird allerdings sein, ob das umfängliche Papier im Zuge der innerparteilichen Diskussion noch einen stärkeren Linksdrall erfährt als jetzt. Denn damit würden die Grünen nicht nur ihre beiden Spitzenkandidaten düpieren, sondern sich auch politisch einmauern, falls am Ende womöglich doch ein Bündnis mit der Union in Betracht käme. Irgendwie hätte es dann wieder nicht mit einer grünen Regierungsbeteiligung geklappt.