Meinung Hetzjagd auf Petra Hinz

Petra Hinz hat vor 30 Jahren ihren Lebenslauf frisiert. Sie hat ein Abitur erfunden und ein Staatsexamen. Keinen Dr. oder Prof, aber eine Juristin, die sie nie war. Für die sie aber auch nicht gewählt wurde.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Hinz war Tag und Nacht für ihre SPD am Ball. Bei jeder noch so langen Sitzung der Frohnhauser Genossen. Beim Seniorenkaffee der Awo, bei der Ehrung von Gewerkschaftsjubilaren. Petra Überall, eine Fleißige, Beliebte und schließlich Begünstigte eines servilen Karriere-Systems, das nicht nur in Essen so funktioniert. Aber: Mit welcher Skrupellosigkeit diese Genossen „ihre Petra“ einer vielfach geifernden Masse opfern, verursacht insgesamt Übelkeit. Wo sind eigentlich unsere Grenzen?

Mitleid ist nicht angebracht, aber eine seriöse Reflexion der Gemengelage: Hinz hat niemandem Schaden zugefügt. Sie hat sich akademisch besser gemacht als sie ist. Eine Lebenslüge, vor allem sich selbst gegenüber. 30 Jahre Angst, entdeckt zu werden, wirken an einem Menschen. Warum Sie diesen Riesenfehler nicht beizeiten korrigiert hat, sollte sie selbst erklären. Und zwar möglichst bald.

Für Beobachter ohne Schaum vorm Mund wirkt es ein wenig wie bei BVB-Profi Marco Reus, der sich auch irgendwann nicht mehr einfach in die Fahrschule setzen konnte. Bis hierhin ist die 54-Jährige eine Täterin. Eine, die Konsequenzen zieht und zurücktritt. August oder September? Geschenkt. Petra Hinz hat andere Probleme als einen Monatslohn.

Denn sie ist auch Opfer einer beispiellosen Hetzjagd, über die sie krank geworden ist. Hinz sei eitel, eine Furie im Büro, gar asexuell — worin sich einige sogenannte Qualitätsmedien derzeit überbieten, ist zum Fremdschämen. Hinz ist vor allem ein Mensch. Anstatt sie zu schützen, werfen SPD-Größen wie NRW-Justizminister Thomas Kutschaty die einst geschätzte Weggefährtin der Meute zum Fraß vor und stehlen sich aus der Verantwortung, geben die empörten Ahnungslosen. Das schadet der Politik mehr als ein fehlendes Abi.