Meinung Verkehrswegeplan: Mobil in die Sackgasse
Er wolle die Mobilität in Deutschland mit seinem Verkehrswegeplan beschleunigen, sagt Alexander Dobrindt. Das klingt besser als es ist. Sicher, unsere Gesellschaft beruht auf Mobilität: Arbeitnehmer wohnen nicht mehr da, wo sie arbeiten.
Konsumenten kaufen in weit entfernten Einkaufszentren ein. Güter werden nicht mehr bevorratet, sondern mit Lastwagen "just in time" geliefert. Und dieser Lebensstil nimmt immer weiter zu. Er hat, nebenbei gesagt, nicht immer mit ökonomischen Notwendigkeiten zu tun. Sondern in manchem Fall auch mit schlichter Gedankenlosigkeit. Aber das muss jeder für sich selbst be- und verantworten.
Es gibt aber mindestens zwei Grundprobleme bei dieser Art zu leben: Das erste ist das Umweltproblem, auch wenn das alle verdrängen. Pkw und Lastwagen leisten bisher Null, in Worten Null, Beitrag zum Klimaschutz, im Gegenteil. Das könnte man mit der Umstellung auf elektrische Antriebe zwar noch halbwegs in den Griff kriegen, doch das zweite Grundproblem (neben dem Ressourcenverbrauch) bleibt: Es ist die sinkende Lebensqualität, die ganz offenbar ab einer bestimmten Grenze mit der wachsenden Mobilität einhergeht.
Mit dem alten Spruch "Sie stehen nicht im Stau, Sie sind der Stau" ist das treffend beschrieben. Wenn alle fahren wollen, kommt keiner voran. Außerdem muss man immer weiter fahren, um irgendwo anzukommen, wo sich das Ankommen noch lohnt. Und die Zahl der Menschen, die als Anwohner direkt durch Straßen und Bahntrassen beeinträchtig werden, steigt.
Beide Probleme werden mit Dobrindts Verkehrswegeplan nicht besser, sondern schlimmer. Er belässt es nämlich nicht bei der Engpass-Beseitigung im bestehenden Netz - die der Bund im Übrigen durch jahrelange Unterfinanzierung selbst zu verantworten hat. Nein, er baut es auch massiv aus. Vor allem die Straße. Der gewachsene Mobilitätsbedarf wird mit neuen Fahrspuren und mit Ortsumgehungen durch unberührtes Land bedient. Aber, das ist das Dilemma, neue Straßen locken wieder neue Autos und Lastwagen an. Dass der Minister nicht wenigstens mittelfristig der Bahn und der Schifffahrt für den überregionalen Verkehr, insbesondere von Gütern, klar den Vorrang gibt, ist sowohl unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes als auch der Lebensqualität ein Fehler.
Es ist zwar richtig: Gesellschaften lassen sich nicht kurzfristig umsteuern. Das liegt auch nicht in der Macht eines Verkehrsministers. Dazu braucht es ganz andere, größere Debatten und Entwicklungen. Aber dass ein Verkehrsminister nur Milliarden für Beton auszugeben vermag und praktisch keine Ideen verfolgt, die aus der gegenwärtigen Mobilitätssackgasse herausführen, das ist auch ein bisschen dürftig.