Leitartikel Kretschmanns schwarz-grünes Farbenspiel: Politisch flexibel

Die Parteien beginnen ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl mit ihren Lockerungsübungen. Weil keiner die Fortsetzung der großen Koalition will, folgt der Debatte über ein mögliches rot-rot-grünes Bündnis nun auch wieder die Diskussion über die schwarz-grüne Option.

Foto: krohnfoto.de

Dass Winfried Kretschmann dieses Farbenspiel liebt, ist alles andere als neu.

Er ist ein Grüner mit einem kräftigen konservativen Anstrich. Wie Kanzlerin Angela Merkel ist der Mann aus Baden-Württemberg ein Pragmatiker der Macht. Beide verbindet ähnliche Überzeugungen. Merkel ist zudem in der Wahl ihrer politischen Partner flexibel, genauso wie Kretschmann. Seine grün-schwarze Koalition im Ländle sehen viele als Blaupause für eine mögliche Kooperation im Bund an, dann aber unter Führung der Union. Zumal in Stuttgart Thomas Strobl als "Juniorpartner" mitregiert, der einer von Merkels Stellvertretern im CDU-Vorsitz ist.

Es passt also vieles zusammen, was für die Zeit nach der Bundestagswahl wichtig werden könnte. Freilich gibt es da noch die Parteien selbst. Dass Kretschmann im März bei den Landtagswahlen sein Amt als Ministerpräsident verteidigen konnte, hat die Grünen zwar jubeln lassen. Aber sein Sieg hat nicht unbedingt dazu geführt, dass man partout mehr Kretschmann wagen will. Der linke Flügel ist nach wie vor stark und bärbeißig. Und bei der Union gibt es zwar zahlreiche Befürworter eines schwarz-grünen Bündnisses, aber mindestens genauso viele, denen vor den notwendigen Kompromissen graut. Weil sie glauben, die Union verlöre dann vollends ihr Profil. Zum Beispiel in der Steuer- und Einwanderungspolitik.

Nein, Schwarz-Grün ist noch lange nicht sicher. Da können Merkel und Kretschmann noch so oft gemeinsam im Kanzleramt lecker essen. Selbst wenn es nach der Bundestagswahl rechnerisch reichen sollte - am Ende muss es auch politisch stimmen.