Meinung Volkswagen: Machtprobe ohne Sieger
Die Machtprobe zwischen Volkswagen und den beiden Zulieferbetrieben ist beendet. Sieger gibt es nicht. VW hat nach dem „Dieselgate“ eine noch größere Baustelle vor sich. Galt es bislang, Dieseltechnik, Rückrufaktionen und die damit verbundenen juristischen und finanziellen Probleme in den Griff zu bekommen, offenbart sich eine neue offene Flanke.
Wer sich als Weltkonzern bei wichtigen Bauteilen auf nur einen Lieferanten verlässt, handelt fahrlässig. Es gilt zu klären, ob dies ein Einzelfall oder sogar gängige Praxis bei VW ist.
Dieser Konflikt hat auch gezeigt, dass das kulturelle Umdenken bei VW längst noch nicht stattgefunden hat. Mit der bisher üblichen Arroganz haben sich die Verantwortlichen in den Konflikt mit den Zulieferern gestürzt, statt auf Kooperation, Verhandlung und leisere Töne zu setzen. Dass es anders geht, beweist Daimler. Auch der Stuttgarter Autobauer liegt offenbar seit geraumer Zeit im Clinch mit Prevent. Eskalation, stillstehende Bänder? Fehlanzeige.
Beim Wolfsburger Konzern befeuert die Eigentümerstruktur das elitäre Denken. Die Verantwortlichen können sich darauf verlassen, dass das Land Niedersachsen als Miteigentümer dem Konzern zur Seite springt. So ist es auch dieses Mal gewesen. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) ergriff Partei für VW, setzte die Zulieferer verbal unter Druck. Ganz das Aufsichtsratsmitglied von VW, das er eben auch ist. Um so befremdlicher ist ein weiterer Aspekt der Geschichte. Für die finanziellen Folgen dieser Machtprobe sollte zum Teil der Steuerzahler aufkommen. Kurzarbeit heißt das Zauberwort. So einfach darf es sich ein Konzern nicht machen.
Den Zulieferern, die den Aufstand geprobt haben, ist insgeheim wohl der Beifall vieler anderer Betriebe sicher. Wenn es aber darum geht, an wen VW Folgeaufträge vergibt, dann stehen diese Konkurrenten mit in der Schlange. Die Beschäftigten von Car Trim und von ES Automobilguss könnten dann die Verlierer sein.