Meinung Lebensfremd und grotesk: Die Show der Beate Zschäpe

Wie groß die Enttäuschung nach der Erklärung Beate Zschäpes ist, hängt in erster Linie mit der Höhe der Erwartungen zusammen, die jeder Prozessbeteiligte oder -beobachter an den gestrigen Tag hatte.

Foto: Judith Michaelis

Wer ernsthaft gehofft hat, die einzige Überlebende der rechtsextremen Terrorzelle NSU lege nach zweieinhalb Jahren und 248 Verhandlungstagen taktischen Schweigens ein umfassendes Geständnis ab, ist spätestens seit Mittwoch klüger. Selbst diejenigen, die sich mit weniger Erhellendem zufriedengegeben hätten, dürften nach der Zschäpe-Show, genannt Einlassung, enttäuscht gewesen sein.

Eine kaum ernst- und anzunehmende Entschuldigung an die Angehörigen der Ermordeten und die Opfer der Bombenanschläge, lebensfremde Schutzbehauptungen aus Eigennutz und eine Selbstdarstellung, die bisweilen ans Groteske grenzt, sind jedenfalls nicht das, was helfen würde, einen der spektakulärsten Prozesse der jüngeren deutschen Geschichte im kommenden Jahr zu einem befriedigenden Ende zu bringen.

Die streckenweise hanebüchene Erklärung Zschäpes dürfte vermutlich noch nicht einmal ausreichen, die 40-Jährige vom Vorwurf der Mittäterschaft zu entlasten. Auch wenn sie von den Morden an neun Migranten und einer Polizistin erst im Nachhinein erfahren haben will und stattdessen ihre beiden ehemaligen Vertrauten als verschwiegene Mordgesellen darstellt.

Genau da liegt der Hase aber im Pfeffer. Um die Schuld der beiden Uwes, die als Haupttäter und Gründer des NSU gelten, geht es vor dem Münchener Schwurgericht nicht — Toten kann man nun mal keinen Prozess machen. Die Chance, von Zschäpe belastbare Details zum Leben im Untergrund, zu möglichen weiteren Mittätern, zu Helfern oder zu Verbindungen zu staatlichen Stellen zu erfahren, ist seit Mittwoch perdu. Unwahrscheinlich, dass Zschäpe in den kommenden Verhandlungstagen ins Detail gehen wird.

Gut beraten ist daher, wer seine Erwartungen an den Ausgang des NSU-Prozesses ein ganzes Stück herunterschraubt. Für fast alle Angeklagten werden am Ende lange Haftstrafen stehen — wer aber dafür sorgte und mithalf, dass die Terrortruppe fast 14 Jahre lang unbehelligt morden konnte, das kann der Münchener Senat nicht klären. Das machen andere. Ein zweiter Untersuchungsausschuss des Bundestages hat sich Ende November konstituiert. Es geht um die Staatsaffäre NSU.