Meinung NRW, das Geber-Land: ein werbewirksamer Titel
Vier Kinder auf dem Spielplatz — die drei Kleinen tuscheln miteinander, dann sprechen sie den Größeren an: Wir haben beschlossen, dass du uns 9,70 Euro gibst, wir wollen uns Süßkram kaufen. Weil wir drei uns einig sind, kannst du nichts machen.
In etwa so spricht Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff, wenn er darauf hinweist, mit einer 16:0-Einigung beim Thema Länderfinanzausgleich hätten die Länder ein gutes Argument, nun auch mit dem Bund schnell eine Einigung zu erzielen.
Der große Junge, der Bund, hat aber noch gar nicht gesagt, ob er die 9,7 Milliarden Euro — so viel sind es im richtigen Leben des Länderfinanzausgleichs — bezahlen will. Gewiss, er kann sich nicht mit allen gleichzeitig anlegen, doch er wird wohl darauf hinweisen: Irgendwer muss das dann bezahlen. Der Steuerzahler vielleicht?
Vor dem Hintergrund, dass der Bund noch gar nicht Ja gesagt hat, wirkte es schon merkwürdig, dass Rot-Grün im Düsseldorfer Landtag seine Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) für ihr Verhandlungsergebnis hoch leben ließ. Da freute man sich über das Fell des noch nicht erlegten Bären.
Auch Oppositionschef Armin Laschet (CDU) mochte nicht gegen eine Besserstellung des Landes argumentieren. Doch er rechnete vor, dass es gar nicht 1,5 Milliarden Euro seien, die das jährliche Plus für NRW ausmache, sondern nur etwa eine Milliarde. Auch hätten die Regierungschefs anderer Länder bei den Verhandlungen für sich mehr herausgeholt. Es sei eine PR-Aktion der Landesregierung, wenn sie vermittle, „dass wir mit dem wohligen Gefühl ins Wochenende gehen, dass wir nun endlich Zahlerland heißen“.
Dahinter steckt jedoch der wahre Gedanke, dass nun transparent wird: NRW ist in dem Verfahren, in dem reichere Länder die ärmeren unterstützen, kein Nehmerland. Politisch war es bisher leicht, das bevölkerungsreichste Bundesland als Almosen-Empfänger darzustellen — obwohl es aufgrund des „Umsatzsteuer-Vorwegausgleichs“ in Summe mehr zahlte, als es von anderen erhielt. Dass dies nun offenbar wird, hat sehr wohl einen Wert. Was Laschet als PR geißelt, ist als Standortmarketing für NRW wichtig. Für Firmen, die sich hier ansiedeln wollen, spielt es eine Rolle, wie NRW finanziell dasteht. Ob das Land im Vergleich zu anderen Ländern Geber oder Nehmer ist, ist ein Kriterium, mit dem sich werben lässt.