Zusatzversorgung Plädoyer für eine Kinderrente

Ifo-Chef Sinn legt Konzept für Zusatzversorgung vor

Es klingt seltsam, trifft aber zu: Die gesetzliche Rentenkasse schwimmt im Geld. Verwunderlich ist das nicht, denn die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten liegt mit mehr als 30 Millionen so hoch wie nie. Folglich wird die finanzielle Belastung auf viele Beitragsschultern verteilt. Die geburtenstarken Jahrgänge von 1955 bis 1969 stehen mitten im Erwerbsleben — noch.

Denn jeder weiß, dass die Zahl der Rentner bald stark zunehmen wird, während es dann an Beitragszahlern mangelt. Trotzdem hat die große Koalition mit der Mütterrente und der abschlagsfreien Rente mit 63 noch äußerst fragwürdige Geschenke beschlossen, die sich zwar heute finanzieren lassen, aber morgen richtig wehtun.

Fakt ist, dass das Rentenniveau sinken wird. In absoluten Zahlen nimmt die Auszahlung zwar zu, aber in Relation zum Erwerbseinkommen der Beschäftigten verliert die gesetzliche Rente an Wert. Die Bedeutung der privaten Vorsorge wird deshalb auf jeden Fall wachsen. An dieser Stelle setzt Ifo-Chef Hans-Werner Sinn mit seinem Konzept an. Der streitbare Ökonom fordert, dass die Erziehung von Kindern stärker als bisher honoriert wird.

Wer Nachwuchs großzieht, leistet den entscheidenden Beitrag für das umlagefinanzierte Rentensystem und erhält zusätzlich eine Kinderrente. Der Bezug ist nicht an eine Erwerbstätigkeit gebunden. Dieser Vorschlag Sinns überzeugt auch deshalb, weil er die Finanzierung auf ein breites Fundament stellt: Nicht nur abhängig Beschäftigte sollen für die Kinderrente zahlen, sondern auch Selbstständige und Beamte, denn sie alle sind die Nachkommen der Anspruchsberechtigten.

Wer keine Kinder hat — gleichgültig, ob er keine will oder keine bekommen kann — wird von Sinn zum Sparen verpflichtet. Das Geld und die Zeit, die andere für die Kindererziehung benötigen, können sie für den Aufbau einer kapitalgedeckten Zusatzversorgung verwenden — im Rahmen einer erweiterten Riester-Rente, die freiwillig bleibt. Was an Humankapital fehlt, muss eben zwingend durch Realkapital ersetzt werden. Denn eine Gesellschaft, die weder Kinder kriegt noch spart, kann sich im Alter nur noch ganz kleine Brötchen leisten. Und das wollen wir doch alle nicht.