Meinung Rechtsextreme in der Bundeswehr - Befehlshaber ist die Demokratie
Als zum 1. Juli 2011 die Wehrpflicht in Deutschland ausgesetzt wurde, gab es unter den Kritikern vor allem eine Sorge: Es drohe ein Staat im Staate, eine Armee, die sich ohne ständigen Austausch von und mit Zivilisten innerlich von der Demokratie abkoppele.
Der Skandal um rechtsextreme Anschlagspläne, Wehrmachts- und Nazi-Andenken in der Bundeswehr ist dazu angetan, das alte Argument neu zu bedenken.
275 rechtsextreme Verdachtsfälle untersuche der Militärische Abschirmdienst derzeit, teilte die Bundesregierung im April mit. Die Zahl eignet sich nicht, knapp 180 000 Berufs- und Zeitsoldaten sowie freiwillige Wehrdienstleistende als potenziell Gefährdete am Rande eines braunen Sumpfs einzustufen. Aber die haarsträubende Ignoranz, dank derer sich Franco A. trotz seiner nationalistischen und rassistischen Masterarbeit in der Bundeswehr halten konnte, und der sich erhärtende Verdacht eines rechtsextremen Netzwerks beweisen, welche undemokratischen Gefahren in einem falsch verstandenen Korpsgeist lauern.
Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde die Bundeswehr verstärkt in Auslandseinsätze eingebunden, auch außerhalb des Nato-Vertragsgebiets. Seit 1992 sind dabei 106 Soldaten gestorben. Aber keine Gefahr der Welt ändert etwas daran, dass die Soldaten Teil einer Parlamentsarmee sind: Der Bundestag beschließt ihre bewaffneten Einsätze, die demokratisch legitimierte Bundesverteidigungsministerin ist ihr Oberbefehlshaber. Wer das nicht akzeptiert, sondern ein (männer-)bündisches Eigenleben anstrebt, das sich im Extremfall sogar gegen die obersten Repräsentanten der Demokratie richtet, hat dort nichts verloren.
Dafür zu sorgen, ist nicht nur Aufgabe der Führung. Es ist Pflicht jedes Soldaten und jeder Soldatin. Denn sie bleiben auch nach Aussetzung der Wehrpflicht Staatsbürger in Uniform — sonst nichts.