Meinung Stöger zum BVB: Was passt — und was nicht
Bemerkenswert, mit welcher Selbstverständlichkeit Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke nach der auch persönlichen Fehde mit dem Erfolgstrainer Thomas Tuchel und dem Fehlgriff Peter Bosz zur nächsten Tat schreitet, ohne zwei Worte der Selbstkritik zu verlieren.
Mit der Amtsübernahme des Trainers Peter Stöger geht der BVB ins nächste Risiko. Weil die Verpflichtung mindestens so ambivalent ist, wie es das bisweilen entrückte Fußballgeschäft hergibt: Stöger passt als Fußball-Lehrer, der in den vergangenen Jahren ziemlich stur an einem eher defensiven System festgehalten hat, eigentlich gar nicht zum BVB-Anspruch mit begeisterndem Offensivfußball bei dem die Spieler von Tuchel taktisch auf höchstes Offensivniveau gehoben worden waren und unter Bosz schon der Rückfall auf eine lediglich eindimensionale Offensiv-Spielweise als Rückschritt galt.
Andererseits: Es ist wohl nicht sonderlich schwierig, das seit Wochen deutlich unter Wert agierende Dortmunder Ensemble mit einigen Menschenfänger-Qualitäten auf Kurs zu bringen und den Totalschaden für Watzke und den Trainer selbst zu verhindern. Insofern kann Stögers Verpflichtung beim BVB trotzdem funktionieren. Mit dem Vertrag bis zum Saisonende halten sich überdies beide Seiten den weiteren Weg offen.
Was jeden Fußball-Fan mit Glauben an Vereinsromantik stören muss, ist die offensichtlich aufgebaute Geschichte von einem am Samstagabend notdürftig herbei bestellten Trainer, der kurzentschlossen von Wien nach Dortmund gereist ist. Im Fußball bereiten Zwischenhändler einen solchen Wechsel deutlich früher vor, Stögers Abschied in Köln muss man deshalb neu bewerten — inklusive die eine Woche alten Worte des Kölner Geschäftsführers Wehrle auf der Abschieds-PK, bei Stöger habe sich zuletzt „auch noch mal etwas verändert“.
Wahr ist: Stöger ergreift eine für ihn bemerkenswerte Chance, die er mit viel Selbstbewusstsein und sattsam bekannter Demut mitsamt dem Ensemble Hochveranlagter angehen wird. Ziemlich sicher, dass das kurzfristig funktionieren wird. Was danach kommt, ist ohnehin kaum absehbar.
„Wir haben in acht Spielen nur noch drei Punkte geholt“, sagte Watzke am Sonntag, als er Boszs Bilanz bemäkelte. Stöger ist genau das mit Köln in 14 Spielen gelungen. Kurios. Aber im Fußball heißt das: nichts.