Meinung Studiengebühren bringen keine Chancengleichheit
Deutschland, das Land der Dichter und Denker, Bildungsrepublik mit dem Anspruch, in Wissenschaft und Lehre in der Weltspitze mitzuspielen. Kein Politiker wird dem widersprechen. Wie passt dazu, wenn ebendiese jetzt herangehen und Studiengebühren (wieder) einführten?
Und das, nachdem diese nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern auch in den anderen Bundesländern abgeschafft worden sind. Warum wohl?
Die Argumente der Befürworter sind immer wieder die gleichen: Es geht um soziale und um Chancen-Gerechtigkeit, um den benachteiligten Pfleger, der für seine Ausbildung zahlt, während das Arztsohn vom Steuerzahler subventioniert wird, obwohl es eh nicht nur bessere Startchancen hinter sich, sondern auch die bessere berufliche Perspektive vor sich hat. Und es geht um die Verbesserung der Ausstattung der Hochschulen, die durch die Gelder ermöglicht werden soll. Schließlich könnten Gebühren diejenigen abschrecken, die ihre Immatrikulation nur aufrechterhalten, um auch in späteren Jahren von studentischen Vergünstigungen zu profitieren.
An all dem ist was dran, aber es reicht nicht. So wie es nicht erwiesen ist, dass die Studiengebühren, die zwischen 2006 und 2011 in NRW geflossen sind, wirklich das Angebot der Universitäten verbessert haben.
Fakt ist, dass immer noch mehr Kinder von Akademikern studieren als Kinder aus sozial schwächeren Familien. Traditionell knappe Bafög-Zahlungen bedingen, dass viele Studierende für ihren Lebensunterhalt jobben müssen. Gebühren sind da ein No-Go. Auch wenn diese erst nach dem Studium anfallen, führen sie dazu, dass die Uniabsolventen mit Schulden in ihr Berufsleben starten. Ein Berufsleben, das nicht selbstredend in eine glorreiche Karriere mündet - wie zum Beispiel viele Geistes- und Sozialwissenschaftler wissen, die sich als Honorarkräfte oder mit befristeten Jobs durchschlagen. Und diejenigen, die später im Beruf wirklich gut verdienen, zahlen dann mit ihren Steuern eh schon an die Gemeinschaft zurück.
Apropos Steuern: Die sprudeln derzeit bekanntlich zur Freude der Regierenden kräftig. Sie könnten das Geld nicht nur zur Schuldentilgung nutzen, sondern auch in Bildung investieren. Das stünde ihnen gut zu Gesicht, und sie würden damit auch den Ansprüchen Deutschlands, Bildungsland zu sein, gerecht.