Meinung Grundgesetzänderungen - Besser wird es nicht
Schön — im Sinne von durchdacht und doch einfach formuliert — sind nur die ersten 19 Artikel des Grundgesetzes, die Grundrechte. Darüber hinaus vielleicht noch das System der Gewaltenteilung an sich.
Dahinter, spätestens im Finanzteil, aber wird der Text technokratisch. Bei der Kritik an den im Zuge der Bund-Länder-Finanzreform geplanten weiteren 15 (!) Grundgesetzänderungen kann mangelnde Schönheit der Formulierungen nicht das erste Kriterium sein, auch wenn Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) sich daran stößt. Kritikwürdig ist vielmehr die Tatsache, dass eine momentane Mehrheit versucht, einen momentanen politischen Kompromiss verfassungsrechtlich einzufrieren, bis ins Detail und für alle Zeiten.
Beim Asylparagrafen war es in den 1990er Jahren ähnlich. Damals führte die Detailversessenheit dazu, dass der einfache Grundsatz — politisch Verfolgte genießen Asyl — in den Hintergrund trat und die Einschränkungen dieses Grundrechts plötzlich dominierten. Für die neue Bundesautobahngesellschaft soll nun ebenfalls über das Prinzip hinaus, dass die Gesellschaft staatlich sein soll, festgelegt werden, dass sie keinen Cent privates Kapital beteiligen darf. Niemals. Die SPD möchte so den Arbeitnehmern Sicherheit geben, dass sie Staatsangestellte bleiben. Das Ziel ist legitim, doch ist das Grundgesetz dafür das falsche Gesetz.
Am unsinnigen Kooperationsverbot könnten die Sozialdemokraten das eigentlich doch selbst sehen. Es wurde einst von CDU-Politiker Roland Koch im Zuge einer anderen Föderalismusreform ins Grundgesetz gehoben und muss jetzt mühsam mit komplizierten Verfassungsänderungen wieder so gelockert werden, dass der Bund den Städten wenigstens Geld für die Schulsanierung geben darf. Die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben 1949 wunderbar einfache und klare Staatsgrundlagen formuliert. Besser werden sie durch die Änderungen der aktuellen Politikergeneration nicht.