Meinung Die FDP-Taktik kann auch zum Eigentor werden

Ja, was wollt ihr denn noch? — das könnte man die zwar für Sondierungsgespräche mit der CDU bereite, sich aber doch weiter zierende FDP fragen. Da habt ihr den großen Partner an der Seite, mit dem ihr seit Jahren in unterschiedlichen Tonlagen, aber letztlich doch gemeinsam die rot-grüne NRW-Regierung so sturmreif geschossen habt, dass sie abgewählt wurde.

Foto: Sergej Lepke

Und nun ließe sich all das umsetzen, was ihr immer gefordert habt. Was würde wohl ein FDP- oder auch ein CDU-Wähler sagen, wenn dieses „Dreamteam“ sich nun nicht einigt. Und am Ende — wegen der Absage der SPD an eine große Koalition — nur noch die Möglichkeit stünde: Neuwahlen. Die Wähler kämen sich zu Recht veräppelt vor.

Natürlich ist die Motivation von FDP-Chef Christian Lindner nachvollziehbar, der für seine Wählerklientel in Koalitionsgesprächen mit der CDU möglichst viel durchsetzen will. Doch es wirkt eher so, als habe ihm der Wahltag mit dem unverhofften Regierungsauftrag einen Strich durch die Rechnung gemacht. Hatte er seine Parteifreunde doch schon seit Wochen darauf eingestimmt, als größte Oppositionspartei eine große Koalition vor sich herzutreiben und mit jedem Streitthema unter Beweis zu stellen: Seht her, die können es nicht, es braucht die FDP. Vor allem braucht es die FDP woanders, nämlich im Bundestag. In den sich Lindner wählen lassen möchte, um dann an exponierterer Stelle mit in der Regierung zu sein. Bundesliga statt zweite Liga.

Natürlich ist auch das ein legitimes Interesse — das große Ganze im Sinne des eigenen politischen Kompasses beeinflussen zu wollen. Und Lindner hat ja auch nie einen Hehl daraus gemacht, dass er nach Berlin will. Dass er seine Parteifreunde hier in NRW nur noch ein paar Monate begleiten will. „In der Prägephase“, wie er es ausdrückt. Und es klingt ja auch bestechend, wenn er nun sagt, dass der FDP früher doch immer nur nachgesagt worden sei, scharf auf Dienstwagen zu sein. Nun aber werde man als Verweigerer dargestellt, wenn man sich einer Regierungsbeteiligung verschließe, wenn die Bedingungen nicht stimmen.

Alles richtig. Doch wenn die FDP die Taktiererei überzieht, wenn sich die Verhandlungen von Schwarz-Gelb nun lange hinziehen, am Ende gar scheitern, so wäre das nicht nur eine Ohrfeige für das eigene Wählerklientel. Genüsslich könnten die Konkurrenten im Bundestagswahlkampf sagen: Seht her, die können es nicht. Nicht mal, wenn sie mit ihrer besten Mannschaft antreten.