Meinung Kommentar: Stellenabbau bei Siemens - die Angst geht um in Krefeld
Dass ein Konzernchef wie Joe Kaeser ständig an der Optimierung aller Unternehmensbereiche arbeitet, ist gut und richtig. Wie professionell der Mann an der Spitze von Siemens seinen Job erledigt, zeigen die glänzenden Zahlen.
Allerdings muss die Frage erlaubt sein, ob bestimmte Margenziele immer das Maß aller Dinge sein dürfen. Das Siemens-Werk in Krefeld mit 2500 Beschäftigten gilt als weltweit modernster Standort zur Fertigung von Schienenfahrzeugen. Züge aus Uerdingen fahren in fast allen Teilen der Erde. Viel wurde in die Anlagen investiert, aber bei der Rendite schneidet das Werk im Vergleich zu anderen Siemens-Sparten schlecht ab. Zwar fährt das Bahngeschäft keine Verluste mehr ein, aber üppige Gewinne gibt es eben auch nicht.
Das treibt Kaeser seit Jahren um. 2014 versuchte er erfolglos, die Zugsparte an den französischen Konkurrenten Alstom abzustoßen. Seit Monaten wird nun über die Fusion mit dem kanadischen Konkurrenten Bombardier spekuliert. Seit Donnerstag ist klar, dass 300 von 2500 Arbeitsplätzen wegbrechen. Die Geschäftsführung spricht von zu hohen Kosten, will Fertigung dorthin verlagern, wo die Löhne niedriger sind. In Krefeld geht die Angst um. Ist das für den traditionsreichen Bahnbau in Uerdingen der Einstieg in den Ausstieg? Gehen noch mehr gut bezahlte Industriearbeitsplätze verloren?
Der Betriebsrat beklagt mit Recht, dass die Bedingungen für Krefeld nicht optimal sind. Wichtige Bereiche wie der Zentraleinkauf sind nicht vor Ort, sondern in Erlangen. Ein struktureller Nachteil, der Kosten verursacht. Hinzu kommen fragwürdige Entscheidungen: Die technisch anspruchsvollsten Teile für den Rhein-Ruhr-Express werden in Wien und nicht in Krefeld gebaut, obwohl Siemens das in Aussicht gestellt hatte. Das Werk könnte profitabler arbeiten. Aber eine Rendite von zehn Prozent bleibt eine Illusion. Wenn Kaeser die Messlatte zu hoch legt, kann der Standort nur Verlierer sein.