Meinung US-Außenminister Pompeo in Berlin - Hoffentlich nicht zu viele Nettigkeiten
Meinung · Es gehört zum diplomatischen Standardprogramm, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel den „Geist der Partnerschaft“ beschwört und Außenminister Heiko Maas die „tief verwurzelte Freundschaft“ zu den USA in Erinnerung ruft. Früher war das sicherlich einmal so. Aber heute?
Der Geist ist inzwischen zum Schreckgespenst geworden, und an die Wurzeln der Beziehungen wird in Washington regelmäßig die Axt angelegt. Mehr als einen Austausch altbekannter Positionen dürften die Treffen mit US-Außenminister Pompeo daher nicht gewesen sein. In 45 Minuten, so kurz und knapp war das Gespräch zwischen Merkel und dem Amerikaner, geht sowieso nicht viel. Dass übrigens gleich danach der chinesische Vizepräsident bei der Kanzlerin vorstellig wurde, spiegelt die angespannte Lage auf internationaler Ebene durchaus wider. Es brennt an vielen Ecke und Enden.
Wie es um die Beziehungen zu den USA steht, hat die Harvard-Rede Merkels gezeigt – sie sind miserabel. Merkel hielt eine Gegenrede zu Donald Trumps „America First“-Doktrin, ohne ihn (leider) beim Namen zu nennen. Fakt ist: Der Handelskrieg des US-Präsidenten mit China bedroht die Weltkonjunktur, und das Agieren Trumps hat die multilaterale Weltordnung längst ins Wanken gebracht. Zudem droht der Konflikt um den Iran in einem gefährlichen Chaos zu enden.
Auf all diesen Problemfeldern sind die USA nicht an einer gütlichen Einigung interessiert. Pompeos Verteidigung des harten Vorgehens gegen den Iran und seine erneute Aufforderung, sich an den Sanktionen seines Landes zu beteiligen, sind ein Beleg dafür. Deutschland ist für die US-Administration eben nicht mehr erste Adresse, sondern steht inzwischen im Lager der Gegner. Deswegen kann man nur hoffen, dass Merkel und Maas auf zu viele Nettigkeiten verzichtet und Klartext gesprochen haben. Dafür reichen auch 45 Minuten.