Videoüberwachung: Keine britischen Verhältnisse
Nach der Bonner Bombe fordern einige mehr Videokameras
Die Reflexe sind leider immer wieder die gleichen: In Deutschland gibt es ein Verbrechen, und Politiker schreien nach Verschärfung der Gesetze. Das gilt nun auch für den Gott sei Dank fehlgeschlagenen Anschlag auf dem Bonner Hauptbahnhof.
Nach allem, was die Behörden bislang mitteilen, sind die Passagiere und das Bahnpersonal nur ganz knapp einer Katastrophe entronnen. Dutzende Tote mitten in Deutschland — der Schock wäre gewaltig gewesen. Danach hätte es natürlich wieder heftige Debatten über schärfere Strafen gegeben.
Nun streiten sich die Politiker über die Ausweitung der Videoüberwachung. Der Bundesinnenminister fordert sie und nennt Bonn als Beispiel dafür, wie es nicht sein sollte. Das ist allerdings schon ein wenig unverfroren. Denn die Bahn hat im Bahnhof Bonn sehr wohl Kameras installiert, die eigentlich von der Bundespolizei zu kontrollieren waren.
Die Bilder wurden nicht aufgezeichnet, und das muss man in der Tat kritisieren. Dafür zuständig sind aber alleine zwei Bundesbehörden, nämlich die Bundesbahn und die Bundespolizei. Schon jetzt ist es rechtlich möglich, die Aufnahmen für einen allerdings beschränkten Zeitraum zu speichern, um sie eben in einem solchen Fall wie dem aktuellen nachher für die Fahndung auswerten zu können. Dafür müssen nur die Gegebenheiten genutzt werden, die es jetzt schon gibt.
Großbritannien ist bereits vor vielen Jahren einen eigenen Weg gegangen: In den Städten hängen in jeder Straße, an jedem öffentlichen Gebäude Kameras, das Straßenleben, das Treiben an Bahnhöfen und auf Flughäfen wird lückenlos dokumentiert. Die Bilder werden gespeichert und von den Sicherheitsbehörden registriert und sortiert. Die Bürgerrechtsbewegung dort hat den Kampf gegen „Big Brother“ längst verloren.
Auch Deutschland lebt seit vielen Jahren mit einer latenten Terrorbedrohung, hat zum Beispiel in den 70er Jahren die Herausforderung durch die RAF bestanden, ohne den Rechtsstaat preisgegeben zu haben. Dennoch gibt es auch hier Videoüberwachung — an neuralgischen Punkten. Kameras haben nicht verhindern können, dass Gewalttäter in U-Bahnen Menschen zu Tode prügeln. Aber sie trugen dazu bei, dass sie gefasst wurden.