Vorratsdatenspeicherung: Die Blamage der Kritiklosen
Das Urteil zur Vorratsdatenspeicherung
Das hat schon immer nicht zusammengepasst, die zur Schau gestellte Empörung über die amerikanischen NSA-Spione einerseits, und andererseits die Absicht der Bundesregierung, auch in Deutschland Verbindungsdaten zu sammeln. Vorratsdatenspeicherung, das war immer auch anlassloser Generalverdacht gegen alle Bürger, es war ein Hauch von Big Brother.
Jetzt stellt sich heraus, was die Gegner schon immer ahnten, wussten oder wünschten: Auch der Europäische Gerichtshof hält das Sammeln von Verbindungsdaten aller Bürger für weit überzogen, er stoppt das Gesetz an seiner Quelle in Brüssel. Und alle in Deutschland, die ihm kritiklos gefolgt sind, sind blamiert. Oberblamiert ist Ex-Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), der jahrelang mit FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger stritt, die sich störrisch verweigerte. Davor Thomas de Maizière (CDU). Und beide hörten nicht auf, als die liberale Dame weg war und im Herbst Heiko Maas (SPD) an ihre Stelle trat.
Unvergessen, welchen Ärger der Sozialdemokrat Anfang des Jahres mit der gesamten Union bekam, bloß weil er sagte, er wolle das schon absehbare Luxemburger Urteil abwarten. Das war bei jedem denkbaren Ausgang des Verfahrens sinnvoll. Apropos SPD: Sie hat zusammen mit der Union im Jahr 2008 schon einmal ein Gesetz vorgelegt, das danach für verfassungswidrig erklärt wurde. Und mit dem halbgaren Kompromiss im neuen Koalitionsvertrag, die Daten „bloß“ drei Monate speichern zu wollen, nicht sechs, hat sie sich erneut nicht gerade mit Bürgerrechts-Ruhm bekleckert.
Der gebührt, neben den oppositionellen Grünen und Linken, einzig und allein der FDP. Die Ex-Regierungspartei durfte am Dienstag zu Recht aus allen Rohren Jubel-Presseerklärungen verbreiten, aus dem Off der außerparlamentarischen Opposition.
Weil just am Dienstag bekannt wurde, dass die große Koalition auch an einem neuen Gesetz arbeitet, das den Abschuss eines entführten Flugzeuges erlauben soll (sofern keine Passagiere in ihm sitzen), war das ein Tag, der Überzeugungsliberale wie Sabine Leutheusser-Schnarrenberger oder Burkhard Hirsch sehr schmerzhaft in der Bundespolitik vermissen ließ.