Meinung Was wir mit unseren Paketen so alles anrichten

Meinung · Wir finden es selbstverständlich, für das Bringen und Zurückschicken von Paketen wenig oder nichts bezahlen zu müssen. Warum auch? Läuft doch alles. Oder nicht?

Kommentar Rolf Eckers

Foto: Sergej Lepke

Ja, es ist sehr bequem, im Internet einzukaufen. Losgelöst von Raum und Zeit lässt sich prima shoppen. Auswahl und Preistransparenz sind im World Wide Web unschlagbar. Und wenn die Ware nicht passt oder gefällt, dann geht sie eben wieder zum Händler. Wir finden es selbstverständlich, für das Bringen und Zurückschicken wenig oder nichts bezahlen zu müssen. Warum auch? Läuft doch alles. Rund 330 Millionen Pakete versenden die Deutschen allein zur Weihnachtszeit, zehn Prozent mehr als im Jahr zuvor. Knapp 15 Prozent des Weihnachtsumsatzes werden schon im Netz gemacht. Und dabei wird es nicht bleiben.

Natürlich wissen wir alle, dass es beim Onlinehandel nicht nur Gewinner gibt. In den Sortierzentren dominieren Niedriglöhne. Die Fahrer sind oft als Subunternehmer unterwegs. Sie werden pro Paket bezahlt und müssen vom frühen Morgen bis in den späten Abend ausliefern, um über die Runden zu kommen. Seit 2013 versucht die Gewerkschaft Verdi, für die rund 16 000 Beschäftigten des US-Händlers Amazon in Deutschland bessere Bedingungen durchzusetzen – ohne Erfolg.

Beim Sortieren und Zustellen von Paketen gibt es nur ein Ziel: niedrige Preise. Um die Kosten noch weiter zu drücken, sucht Amazon gerade unter der Überschrift „Flexibilität ist der Bringer“ über eine Kampagne im Netz Tausende Paketfahrer im Nebenjob. Der Clou dabei ist, dass die Gelegenheitsboten die Pakete von Amazon für ein paar Hundert Euro im Monat mit ihrem privaten Pkw ausliefern. Ziel von Amazon ist es, die Leistung der Paketdienste durch selbstständige eigene Fahrer zu ersetzen. Diese Art der Beschäftigung kennt dann weder eine Sozialversicherungspflicht noch eine tarifliche Bindung. Hauptsache wir Kunden freuen uns über eine kostenlose Lieferung.

Während sich die miese Bezahlung im Versandhandel leicht ausblenden lässt, sind andere Folgen des Online-Booms unübersehbar – zum Beispiel der Dauerstau in den Innenstädten, der durch die Paketlieferungen mitverursacht wird. Obwohl alle wissen, dass das Problem noch zunimmt, fehlen Lösungen. Naheliegend wäre eine Citylogistik mit Liefernetzen, an denen sich alle Paketdienste beteiligen, damit die Fahrzeuge so effizient wie möglich fahren. Klingt logisch, gibt es aber nicht. Mit bekannten Folgen für die Umwelt.

In Dutzenden Innenstädten drohen Fahrverbote, weil die Stickoxid-Werte seit Jahren den Grenzwert überschreiten. Mit jedem Kauf per Klick wächst zudem eine weitere Gefahr: die Verödung der Stadtzentren. Wenn Verbraucher das Erlebnis des Einkaufens im stationären Handel nicht mehr wollen, verlieren die Städte ihre Anziehungskraft. Wo Leerstand das Bild beherrscht, wird es bald gar keine Geschäfte mehr geben. Wir Verbraucher haben es in der Hand.