Meinung Weniger Befristungen bei der Post
Politiker neigen dazu, mehr zu versprechen, als sie halten können. Olaf Scholz zum Beispiel. Er werde das Treiben bei der Post nicht hinnehmen, so der Bundesfinanzminister mit SPD-Parteibuch. Es könne nicht sein, dass nur jene Paketzusteller die Chance auf unbefristete Anstellung hätten, die fast ohne Krankmeldung und immer flott ihren Job erledigen.
Klingt prima. Dumm nur, dass der Politiker dem Vorstand der Post trotz der Kapitalbeteiligung des Bundes keine Weisung erteilen kann.
Das Entfristungskonzept der Post scheint menschenverachtend zu sein. Paketzusteller sollen nur dann dauerhaft angestellt werden, wenn sie in zwei Jahren nicht mehr als 20 Tage krank gewesen sind und nicht mehr als zwei Auto-Unfälle verursacht haben. Zudem dürfen sie die Zeit, die sie für ihre Touren brauchen, in drei Monaten um höchstens 30 Stunden überziehen. Wer das als unwürdig kritisiert, sollte mal überlegen, was er von der Post erwartet. Nämlich eine pünktliche Lieferung der Pakete. Deren Zahl wächst dramatisch, die Belastung der Zusteller wächst. Und wie groß ist die öffentliche Empörung, wenn es mit dem Zustellservice nicht klappt. Dass die Post genau hinsieht, bevor sie jemanden fest anstellt, ist völlig in Ordnung.
Ganz und gar nicht in Ordnung ist dagegen, dass die Zahl der befristeten Arbeitsverhältnisse ständig zunimmt. Bei Neuverträgen wird inzwischen fast jeder zweite befristet, in vielen Fällen ohne Begründung. Dabei gibt es im Gesetz acht Sachgründe, die eine Befristung rechtfertigen. Darunter sind Schwangerschaftsvertretungen, projektbezogene Leistungen oder das Abarbeiten von Auftragsspitzen. Das reicht aus. Aber im betrieblichen Alltag nehmen die Befristungen ohne sachlichen Grund zu, weil die Unternehmen viele Lücken für sich zu nutzen wissen. Die Anstellungen bekommen so den Charakter einer endlosen Probezeit. Hier könnte Olaf Scholz sich ins Zeug legen und das Gesetz verschärfen.