Meinung Wer bei Verstand ist, muss einen geordneten Brexit wollen
Meinung · Der französische Präsident Macron hat Recht. Europa kann sich nicht auf Dauer zur Geisel einer unfähigen britischen Politik machen, die im Chaos versinkt. Daran haben auch nichts die Kurzvisiten der britischen Premierministerin Theresa May in Berlin und Paris geändert.
Die Brexit-Debatte hat immerhin dazu geführt, dass viele Bürger die Bedeutung eines einigen Europas wieder zu schätzen wissen. Wenn sich die EU-Staats- und Regierungschefs jetzt weiter auf den sprichwörtlichen Schrecken ohne Ende einlassen, verspielt die Union zurückgewonnenes Vertrauen. Das kann in Zeiten der Populisten keiner wollen. Eine erneute Fristverlängerung, wie sie offenbar angedacht ist, darf es daher nur mit diesmal tatsächlich unverrückbaren Bedingungen geben.
Klar ist auch: Wer bei Verstand ist, muss einen geordneten Brexit wollen. Und das ist nach wie vor das Ziel der Kanzlerin, wie sie Theresa May sicherlich verdeutlicht haben dürfte. Die Britin war als Bittstellerin nach Berlin und Paris gekommen, bei Macron erfuhr sie weit weniger Wohlwollen. Klar ist: Die Kanzlerin hat mittlerweile weit weniger Einfluss in Europa als gemeinhin angenommen.
Zumal die Premierministerin bislang keinen glaubhaften und seriösen Plan vorgelegt hat, wie sie doch noch eine Mehrheit im Unterhaus für einen Deal hinbekommen will. Den muss sie in der Tasche haben, um die 27 EU-Länder beim Sondergipfel an diesem Mittwoch zu überzeugen. May verhandelt zwar daheim mit der Oppositionspartei Labour, aber das macht eine Lösung nicht wahrscheinlicher. Die Kanzlerin wird sich wohl zurückgehalten haben, der Britin allzu viele positive Signale mit auf den Weg zu geben. Schon gar nicht, dass die EU nach einer Fristverlängerung womöglich ihrerseits das Brexit-Abkommen wieder aufschnüren könnte. Liefern muss London, nicht mehr Brüssel.