EU und die Posten Zum EU-Postengeschacher: Die Katze beißt sich in den Schwanz

Meinung · Wie sehr sich das europäische Konstrukt in diesen Tagen selbst beschädigt, muss allen klar sein, die da nächtelang in Brüssel über Personalien verhandeln.

Ein Kommentar von Olaf Kupfer.

Foto: ja/Sergej Lepke

Für jede Minute voller Gezerre um Personen, Positionen und nationaler Partizipation mehren sich die Kommentare jener Bürger in den sozialen Netzwerken, die ihre womöglich gerade gewonnene Europa-Euphorie wortreich wieder in die Tonne treten. Von denen ganz zu schweigen, die das europäische Konzept ohnehin schon gänzlich ablehnen – und jetzt so gar nichts überdenken müssen.

Aber: Die aktuelle Konstellation gründet sich im wesentlichen auf das angelegte Demokratie-Defizit der EU, sie ist also hausgemacht: Weil die nationale Einflussnahme der Mitgliedsstaaten so groß ist und so groß sein soll, dass Wahlen und Koalitionsverhandlungen allein noch keine automatische und eindeutige Ämtervergabe inkludieren.

Dass ausgerechnet der französische Staatspräsident Emmanuel Macron im aktuellen Prozess diese Schwäche der europäischen Verfassung ausnutzt, indem er gegen den EVP-Spitzenkandidaten Manfred Weber (CSU) agitiert, obwohl Macron selbst sich an der Spitze der Demokratisierung Europas wähnt, ist nur Ausdruck dieser europäischen Ambivalenz. Aus der gibt es kaum einen Ausweg. Wer klare Verhältnisse will, der muss staatliche Mitsprache per Verfassung einschränken. Doch dafür gibt es in eigentlich keinem Mitgliedsland der EU eine politische Mehrheit. Die Katze beißt sich in Brüssel in diesen Tagen wieder einmal in den eigenen Schwanz.