NBA vor ungewisser Zukunft, Nowitzki im Wartestand

Frankfurt/Main (dpa) - Der erste NBA-Lockout seit 13 Jahren befeuert die Hoffnungen auf eine EM-Teilnahme von Superstar Dirk Nowitzki und lässt die deutschen Basketball-Fans sogar von einem heimatlichen Intermezzo des Champions träumen.

Zwar hofft der 33-Jährige, der sich derzeit im Urlaub von den Strapazen einer langen Saison erholt, auf den Abschluss eines neuen Tarifvertrages. Sollte sich die Aussperrung jedoch über Monate hinziehen, müsste sich Nowitzki nach Alternativen umschauen.

„Ich kann in meinem Alter nicht ein Jahr rumsitzen und nichts tun. Das geht nicht“, hatte Nowitzki bei seinem triumphalen Empfang in Würzburg am 28. Juni klargestellt. In Deutschland haben bereits Meister Brose Baskets Bamberg, Vizemeister ALBA Berlin und Aufsteiger FC Bayern München Interesse bekundet, den Superstar im Fall der Fälle verpflichten zu wollen.

„Die wirtschaftliche Seite kriegen wir immer hin“, meinte Bayern-Präsident Uli Hoeneß. „Aber das ist absolut nicht planbar, weil der Lockout ja auch schnell wieder vorbei sein könnte. Von daher ist es unseriös, darüber zu spekulieren.“ Bayern-Trainer Dirk Bauermann glaubt nicht an ein kurzzeitiges Bundesliga-Engagement des Würzburgers. „Das hätte natürlich eine Menge Charme. Aber es gibt dafür nach meiner Einschätzung keine realistische Grundlage“, sagte Bauermann der „Frankfurter Rundschau“.

Denkbar wäre auch, dass Nowitzki in die europäische Topliga nach Spanien geht oder auf einem anderen Kontinent spielt, um dem zu erwartenden Hype in Deutschland zu entgehen. „Mir ist auch klar, dass ich jetzt eine Zielscheibe auf dem Rücken habe“, meinte der 2,13-Meter-Riese. Sein Mentor Holger Geschwindner mahnte jedoch: „Man muss sich auch mal über die Versicherungsproblematik Gedanken machen.“ Im Fall einer schweren Verletzung, die das Karriereende bedeuten würde, wären laut Geschwindner „20 Millionen Euro fällig.“

Zudem ist fraglich, ob ein Wechsel rechtlich überhaupt möglich wäre. Schließlich hat Nowitzki seinen Vertrag in Dallas erst im vergangen Sommer um vier Jahre verlängert. Dies war beim letzten Lockout 1998 anders. Damals war Nowitzki zwar bereits von den Milwaukee Bucks gedraftet und an die Mavericks weitergeleitet worden, hatte seinen Kontrakt in Texas aber noch nicht unterzeichnet.

Deshalb konnte er problemlos noch für Würzburg in der Bundesliga spielen, ehe die Aussperrung in den USA Ende Januar 1999 beendet und die Saison im Februar mit einem Rumpfprogramm gestartet wurde. Damals wurden nur 50 von 82 Hauptrundenspieltagen ausgetragen.

Je länger sich die beim letzten Treffen in Manhattan gescheiterten Vertragsverhandlungen zwischen den Clubbesitzern und der Spielergewerkschaft NBPA hinziehen, umso mehr steigen die Chancen, dass Nowitzki bei der Ende August beginnenden Europameisterschaft für die DBB-Auswahl auf Korbjagd geht. „Der Lockout wird uns und Dirk helfen. Man kann davon ausgehen, dass er nicht, wie sonst, Anfang Oktober wieder in den USA sein muss. Er könnte also eine Pause in zwei Teilen nehmen - vor und nach der EM. Das hilft den Chancen, dass er in Litauen spielen wird, schon sehr“, erklärte Bauermann in seiner Funktion als Bundestrainer.

Der wertvollste Spieler des NBA-Finales hat seine Teilnahme bisher offen gelassen, weil er sich körperlich müde fühlt und ein Mitwirken bei der EM die Regenerationsphase vor der nächsten NBA-Saison erheblich verkürzen würde. Nun ist fraglich, ob in den USA in der kommenden Saison überhaupt Basketball gespielt wird. Nachdem die Liga ihre Spieler ausgesperrt hat, darf es ab sofort keinen Kontakt mehr zwischen den Profis und den Vereinen geben.

Selbst Mavericks-Boss Mark Cuban und Nowitzki, bei der tagelangen Mega-Party nach dem ersten Meistertitel für Dallas noch ein Herz und eine Seele, dürfen offiziell nicht miteinander kommunizieren - ob sie wollen oder nicht. Die Spieler erhalten keine Gehälter mehr, die Liga kommt nicht mehr für die Beiträge der Profis zur Krankenversicherung auf. Vereinswechsel und jegliche Trainingsaktivitäten sind untersagt.

„Der auslaufende Tarifvertrag hat ein nicht funktionierendes System geschaffen, dass unseren Teams große Verluste beschert hat“, begründete der stellvertretende NBA-Boss Adam Silver den Entschluss der Liga, die Spieler auszusperren. „Wir benötigen ein nachhaltiges Business-Model, dass es all unseren 30 Clubs erlaubt, um den Titel mitzuspielen, unsere Spieler fair bezahlt und es den Vereinen, wenn sie gut geführt werden, ermöglicht, profitabel zu sein.“

Dies war nach NBA-Angaben in der Vergangenheit nicht der Fall. Zuletzt hätten 22 der 30 Clubs Verluste eingefahren. Die Liga forderte daher Gehaltseinbußen der Spieler von bis zu 750 Millionen Dollar. Bislang sind die Profis mit 57 Prozent an allen Einnahmen der NBA beteiligt, die Vereine wollen diesen Verteilungsschlüssel auf 40 Prozent drücken. Doch dazu sind die Superstars nicht bereit.