Gefahrenstelle Neusser Straße Neuer Gehweg hilft Sehbehinderten
Kaarst. · Ein einfaches Mittel ermöglicht es Blinden und Sehbehinderten jetzt, sich auf der Neusser Straße zurechtzufinden.
Als Manuela Dolf mit ihrem Blindenstock die Rillen am Boden ertastet, weiß sie, wo sie langgehen muss: „Jetzt hab ich den Weg gefunden.“ Dolf ist eine von geschätzt 500 Kaarstern mit Sehbehinderung, sie selbst ist vollkommen blind. Die Stadt hat vor sechs bis acht Wochen den Umbau auf der Neusser Straße vor der Sparkasse abgeschlossen und dabei Platten mit Rillen und Noppen verbaut, die für sehbehinderte Menschen überlebenswichtig sind.
„Bislang war das immer ein bisschen schwierig, weil wir an dieser Stelle nicht wussten, wo es langgeht. Das ist durch das neue Leitsystem nun viel besser“, sagt Dolf. Sie gehört den Kaarster Blindgängern an, einem Verein, der sich 2016 gegründet hat und sich für die Sehbehinderten in Kaarst einsetzt. Gemeinsam mit Emanuel Stadler und Margaret Reinhardt ist sie Ansprechpartnerin für alle sehbehinderten Kaarster.
Die Kosten für die speziellen Gehwege seien nicht höher
„Wir haben versucht, die Bedürfnisse der Sehbehinderten aufzugreifen, und das ist uns an dieser Stelle gelungen“, sagt Elke Anders vom Bereich Stadtentwicklung und Planung der Stadt Kaarst. Doch mit der Umrüstung an der Neusser Straße soll noch lange nicht Schluss sein. „Wir versuchen generell bei Neubauten, barrierefreie Elemente mit zu verlegen“, sagt Elke Anders. Die genauen Kosten für den Umbau konnte Anders nicht beziffern, doch ob jetzt ein normaler Weg oder diese speziellen Platten verlegt werden, mache bei einem Neubau keinen großen Unterschied. Es geht allerdings auch anders: „Man muss nicht jedes Mal den Weg aufreißen. Es gibt auch Hilfsmittel für wenig Geld, die man aufkleben kann. Wenn wir die Einzelhändler dazu bewegen können, da mitzumachen, würden wir einen großen Schritt nach vorne machen“, sagt Sabine Kühl (SPD).
Doch mit dem neuen Blindenleitsystem auf der Neusser Straße soll noch lange nicht Schluss sein. Die Blindgänger wollen auch in der Stadtmitte ein vernetztes System. „Wir kommen derzeit erst gar nicht in die Stadtmitte, da muss die Stadt etwas tun“, sagt Dolf. Und das wird sie: Im Rahmen des Integrierten Entwicklungs- und Handlungskonzeptes (IEHK) für die Innenstadt, für das rund 500 000 Euro zur Verfügung stehen, soll eine barrierefreie City entstehen – auch ein Blindenleitsystem, das alle neuralgischen Punkte wie Bäckereien, Supermärkte, Rathaus und weitere Geschäfte vernetzt.
Die Sehbehinderten kritisieren, keinen Ansprechpartner zu haben
Allerdings müssen sich die Blindgänger noch ein wenig gedulden. Denn das IEHK startet 2019 und ist für fünf Jahre ausgelegt. „Der erste Stein wird voraussichtlich erst 2020 verlegt sein“, sagt Elke Anders. Damit kommt die Verwaltung dem Wunsch der Blindgänger nach, im Zentrum der Stadt etwas zu tun, damit sie sich dort „frei und ohne Angst bewegen können“, wie Emanuel Stadler sagt.
Die Kaarster Blindgänger bemängeln, dass es keinen Integrationsbeauftragten der Stadt gibt, der Ansprechpartner für ihre Belange ist. Das sieht Sabine Kühl ähnlich. „Wir müssten da eine Stelle schaffen, und zwar keine, die mit einem Ehrenamtler besetzt wird. Es sollte eine vernünftige Bezahlung geben, damit die Stelle langfristig nicht wegbricht.“ Dem widerspricht Lars Christoph (CDU) allerdings: „Die Aufgabe wird in der Verwaltung sehr wohl wahrgenommen. Ob wir dafür jetzt eine zusätzliche Stelle schaffen müssen, glaube ich nicht. Das würde wieder Kosten schaffen. Ich sehe da derzeit keinen Bedarf.“