Nowitzki: „Wäre toll, wenn ich die 20 voll machen kann“
Frankfurt/Main (dpa) - Basketball-Superstar Dirk Nowitzki hält nichts von Experimenten. Deshalb schließt er einen Wechsel in der NBA auch weiter aus.
Im Interview der Deutschen Presse-Agentur spricht der 38-Jährige über seine Zukunft bei den Dallas Mavericks, seinen Sommer und die Fußball-EM in Frankreich.
Herr Nowitzki, ihr letztes NBA-Spiel war Ende April. Wie haben Sie den Sommer seitdem verbracht?
Dirk Nowitzki: Wir waren Mitte Mai für zwei Wochen in der Karibik mit den Kids. Das war sehr schön, einfach mal Zeit mit der Familie zu haben. Dann hatte ich mein Baseball-Charity-Spiel in Dallas und dann sind wir nach Europa und runter nach Frankreich zur EM, um die Schweden ein bisschen zu unterstützen. Mein Schwager Martin spielt ja für Schweden und den haben wir ein bisschen angefeuert. Für einen Schweden-Fan war es aber leider eine nicht so schöne EM, sie haben es ja nicht ins Achtelfinale geschafft. Immerhin hat Martin ein sehr gutes Turnier gespielt und war sicher einer der Besten im Team.
Wie haben Sie die deutschen Spiele verfolgt?
Nowitzki:Ich habe natürlich mitgefiebert. Das Spiel gegen Italien habe ich mit meinen Eltern und der ganzen Familie in Würzburg geschaut. Beim Spiel am Donnerstag sind wir jetzt schon wieder im Ausland, wir haben ja Familie auf der ganzen Welt. Aber ich werde mir das Spiel natürlich im Fernsehen anschauen.
Was trauen Sie der deutschen Mannschaft gegen Frankreich zu?
Nowitzki: Die Franzosen sind sehr athletisch, sehr kopfballstark. Deutschland ist eine Turniermannschaft, aber keine Ahnung, ob wir uns da jetzt wieder durchsetzen. Wir haben natürlich viele Verletzte, aber ich hoffe doch, dass wir zumindest ein Unentschieden schaffen und dann wieder im Elfmeterschießen weiterkommen.
Und dann wird Deutschland auch Europameister?
Nowitzki: Also wenn man sich das andere Halbfinale anschaut, dann muss man schon sagen: Wer immer das Halbfinale Frankreich gegen Deutschland gewinnt, der ist dann auch im Finale Favorit.
Kommen wir zum Basketball und zu den Mavericks. Es ist bislang wieder nicht gelungen, einen weiteren Topstar zu holen. Warum will niemand nach Dallas?
Nowitzki: Ich weiß nicht, ob immer alles ein bisschen unglücklich ist. Oder ob wir nicht die richtigen Teile haben, um einen Trade zu machen und einen Topmann nach Dallas zu holen. Wir haben es jetzt seit der Meisterschaft 2011 immer versucht, die besten Free Agents nach Dallas zu locken, aber das hat leider nicht geklappt bislang. Klar haben wir immer ganz gute Mannschaften zusammengestellt, aber die ganz großen Fische haben wir nicht an Land ziehen können. Das ist natürlich schon ein bisschen frustrierend. Aber wir werden weiterhin alles geben, gestern hatten wir ja einen ganz guten Tag ...
... an dem mit Harrison Barnes und Andrew Bogut zwei Spieler von den Golden State Warriors verpflichtet wurden ...
Nowitzki: Genau. Das sind gute Leute, die passen auch ganz gut rein in die Kultur, die wir bei Dallas haben. Klar hat Barnes in der vergangenen Saison nur zehn, elf Punkte pro Partie gemacht, aber wir erwarten uns natürlich sehr viel mehr von ihm. Mit Stephen Curry und Klay Thompson im Team bleibt halt nicht so viel übrig für einen. Und Bogut ist sehr erfahren. Einen Dicken kannst du heutzutage unter dem Korb immer gebrauchen.
In Chandler Parsons haben sie aber auch einen prominenten Spieler verloren. Wie schwer wiegt der Verlust, oder war er einfach zu verletzungsanfällig?
Nowitzki: Das ist schon schade, Chandler ist ein guter Freund von mir. Das tat ein bisschen weh, aber sein Knie ist eben ein großes Fragezeichen. Und da wollte der Club halt nicht 100 Millionen Euro investieren, wenn er die vergangenen beiden Playoffs schon beide verletzt verpasst hat. Das ist schade, aber das ist mal eine wirtschaftliche Entscheidung, die ich verstehen kann, auch wenn ich ihn gerne weiter im Team gehabt hätte.
Die Mavs werden also wieder kein Topteam haben, das um den Titel mitspielen kann. Haben Sie deshalb mal an einen Wechsel gedacht? Die Golden State Warriors sollen interessiert gewesen sein.
Nowitzki: Eigentlich nicht. Ich weiß gar nicht, wie das damals aufkam. Für mich ist das kein Thema. Ich habe immer gesagt, dass ich meine Karriere in Dallas beenden werde. Wir warten mal, wie sich die Mannschaft weiter auffüllt. Dann werde ich meinen neuen Vertrag unterschreiben. Wir werden einen Weg finden, der für beide Seiten akzeptabel ist und dann werde ich meine Karriere in Dallas beenden. Ich bin seit 18 Spielzeiten hier, es wäre toll, wenn ich die 20 voll machen kann.
In der NBA werden gerade unglaubliche Verträge abgeschlossen, es ist viel Geld im Spiel. Wie bewerten Sie das?
Nowitzki: Das ist natürlich schon alles ein bisschen utopisch. Die TV-Verträge machen es aber möglich. Bevor wir alles den Besitzern hinschieben ist es besser, dass wir Spieler auch ein bisschen abbekommen. Auch wenn das dem Otto-Normal-Verbraucher schwer zu erklären ist.
In Kevin Durant hat am Montag ein Topspieler seinen Wechsel zu Golden State verkündet. Waren Sie überrascht darüber?
Nowitzki: Jeder Spieler muss wissen, was er macht. Klar wollte die NBA gerade so etwas nicht haben, dass ein Club drei Stars und einen leichten Weg zum Titel hat. Kevin geht es nur um das Gewinnen. Er war ein paarmal nah dran. Vielleicht spürt er den Druck, dass er jetzt mal den Titel holen muss. Ich will nicht sagen, dass sie unbedingt Meister werden, aber sie haben schon eine bärenstarke Mannschaft.
In Paul Zipser steht ein weiterer Deutscher vor dem Sprung in die NBA. Was trauen Sie ihm zu?
Nowitzki: Er hat leider keinen garantierten Vertrag, schade dass er nicht in der ersten Runde getradet worden ist. So muss er sich reinkämpfen. Es ist ein schwerer Weg, aber ich denke, dass er alle Voraussetzungen hat. Er hat eine gute Größe für einen Flügelspieler, er bringt eine gute Athletik mit und hat einen guten Wurf, vor allem auch aus der Halbdistanz. Ich glaube schon, dass er das Potenzial hat. Ich drücke ihm auf jeden Fall die Daumen.
ZUR PERSON: Dirk Nowitzki (38) ist der beste Basketballer, den Deutschland je hatte. Mit den Dallas Mavericks gewann er 2011 den Titel in der NBA. Seitdem tun sich die Texaner mit ihrem Superstar aber schwer.