„O Fortuna“ im Stadion am Flinger Broich Ehrenrunde durchs Paul-Janes-Stadion
Von 125 Jahren Fortuna-Geschichte erzählt die Bürgerbühne des Schauspielhauses im Paul-Janes-Stadion.
Als Fortuna-Fan muss man hart im Nehmen sein. Aufstiege, Abstiege, Insolvenzen und enttäuschte Hoffnungen sind stete Begleiter. Die wechselvolle Geschichte der „Forteng“ spiegelte sich im 125. Jahr des Bestehens exemplarisch wider. Erst kamen die Corona-Geisterspiele, dann stieg man selbstverschuldet aus der ersten Bundesliga ab, und auch die große Fan-Party zum 125. Geburtstag auf dem Rathausplatz musste abgesagt werden.
Zumindest eine kleine Ehrenrunde kann man in den nächsten Wochen durch das altehrwürdige Paul-Janes-Stadion drehen. Der von Felix Krakau inszenierte Rundgang der Bürgerbühne des Schauspielhauses mit dem Orff-Titel „O Fortuna!“ gibt dabei Einblicke in 125 Jahre Vereinsgeschichte, zeigt sonst nicht zugängliche Ecken des Stadions am Flinger Broich und sorgt am Schluss für einen Gänsehaut-Moment. Auf dem gut einstündigen Rundgang erzählen drei Fans über ihre Liebe zur und das Leiden mit ihrem Lieblingsverein. Dieser wurde schließlich von ihren Gründungsvätern in Flingern mit einer guten Portion Weitsicht nach der wankelmütigen Göttin des Schicksals benannt.
Da ist zum Beispiel Peter Presia, Platzwart des Paul-Janes-Stadions und seit mehr als 50 Jahren Fan. Über Kopfhörer hört das Publikum zu, während Presia eine Runde auf dem Rasenmäher über den Platz dreht und erzählt. Das Wichtigste für ihn: Nicht den Rasen betreten, das sei nur Spielern erlaubt. Dazwischen bekommt man Dönekes aus der Clubgeschichte, während man durch den Spielertunnel auf den Platz zu läuft. Zum Beispiel über Paul Janes. Die schweigsame Clublegende war nicht nur integraler Teil der Meistermannschaft von 1933, sondern auch fast 30 Jahre lang deutscher Rekordnationalspieler. In einem eingespielten Interview beantwortet er fünf Fragen mit einem Wort. Der Höhepunkt: „Wie war es in Italien?“ Antwort Janes: „Warm“. Selbst sein Tod war, wie er düsseldorfiger nicht sein kann: Er starb 1987 an einem Herzinfarkt auf dem Weg nach Hause von seinem Stammtisch im Uerige.
Im Hintergrund rattert
die S-Bahn nach Gerresheim
Claudia Perrella ist seit Grundschulzeiten Fan der Fortuna. „Allein schon der Name“, erzählt sie stolz. „Wir sind nicht irgendeine Sportvereinigung, wir sind nicht der 1. FC Dingenskirchen. Wir sind die Fortuna. Wie das klingt!“ Auch wenn sie mit ihrer Fortuna manchmal hadere, treu sei sie ihr auch in schweren Zeiten geblieben. Als der Verein Anfang der 2000er Jahre nach Abstiegen und Insolvenzen in der fünften Liga in ebenjenem Paul-Janes-Stadion spielte. Dann schweift der Blick des Publikums über Peter Presias akkuraten Rasen, die kleine Sitzplatz-Tribüne und die hochaufragende Müllverbrennungsanlage, während im Hintergrund die S-Bahn nach Gerresheim rattert und Grillgeruch aus einer Kleingartenanlage herüberweht. Das ist Fußballromantik pur. Hier in der Herzkammer der Vereins sind das mondäne Düsseldorf, der Glanz der Bundesliga und die moderne Arena ganz weit weg. „O Fortuna!“ ist im Sinne der Bürgerbühne eine Fanerzählung von unten, die von Erfolg und noch mehr von Leiden geprägt ist.
Davon erzählt Philipp Brand in der rot-weiß gestrichenen Umkleidekabine des Paul-Janes-Stadions. Der Sozialarbeiter ist vor einigen Jahren über einen Freund zur „Forteng“ gekommen. „Klar hab ich mich öfters mal gefragt: Warum mache ich das alles? Acht Stunden Fahrt für ein 0:0 in Aue“, sagt Brand, während das Publikum brav auf den Bänken sitzt und den Geruch der Umkleide einsaugt. Seine Antwort: Weil er, auch wenn es kitschig klinge, etwas hat, an das er glaubt.