„Das Songschreiben war wie eine Therapie für mich“

Am 3. August veröffentlichen Deaf Havanna ihr neues Album „Rituals“. Anfang 2019 ist eine Tour geplant.

Foto: Eppinger

Köln. James Veck-Gilodi ist auf Konfusion, sogar auf Aufregung, vorbereitet. Deaf Havanas Frontmann und Songwriter weiß genau, dass einige Fans vom fünften Album seiner Band überrascht sein werden. Denn auf Rituals verwandelt sich der Hardrock des beliebten Britrock-Quintetts in, nennen wir es, so etwas wie Hardpop.

Ja, die robusten Riffs, die den UK-Top 5-Vorgänger „All These Countless Nights“ im letzten Jahr ausgemacht haben, sind noch immer vorhanden. Aber seit der Veröffentlichung dieser Scheibe haben sich Deaf Havana neu erfunden, aufgestellt und verjüngt; sie sind bereit für den nächsten Karriereabschnitt.

Was bedeutet das neue Album „Rituals“ für Sie persönlich?

James Veck-Gilodi: Das Album bedeutet mir sehr viel. Die Texte sind so dunkel geworden, dass ich fast dafür um Vergebung bitten muss. Dieses Album ist ein Bruch für uns als Band. Wir werden älter und können nicht so weitermachen, wie das bislang getan haben. Das würde so nicht funktionieren.

Wie hat sich die Arbeit an den neuen Songs verändert?

Veck-Gilodi: Das, was sich verändert hat, ist nicht bewusst geplant worden. Es hat sich einfach so ergeben. Die Art Songs zu schreiben und aufzunehmen hat sich verändert. Die Lieder sind etwas poppiger und weniger hart geworden. Normalerweise komponiere ich auf einer akustischen Gitarre, aber diesmal habe ich viel am Computer gearbeitet und einen Großteil der Produktion selbst übernommen. Ich würde allerdings nicht behaupten, dass ich mich dabei sonderlich wohlgefühlt habe — am Anfang hatte ich keine Ahnung, was da überhaupt gemacht habe. Aber wir haben es dann doch irgendwie geschafft. Ich glaube, das sind die besten Songs, die ich bisher geschrieben habe, von den Texten her ehrlich und sehr tiefgehend.

Sie haben auch deutlich weniger Zeit für das Album gebraucht. Beim Vorgänger waren es fünf Jahre und jetzt nur wenige Monate.

Veck-Gilodi: Auch das war keine Absicht. Aber das Ganze kam einfach so schnell heraus. Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass ich so schnell Songs schreiben und aufnehmen kann. Es gab für uns keine Frist, aber jetzt sind wir glücklich, in so kurzer Zeit ein neues Album zu haben. Insgesamt haben wir von der Entscheidung, ein neues Album zu machen, bis zur Veröffentlichung jetzt am 3. August etwa acht Monate gebraucht.

Der Anfang war beim Songschreiben aber eher schwierig?

Veck-Gilodi: Ja, das stimmt. Ende letzten Jahres kam die Entscheidung, dass wir ein neues Album machen wollen. Es gab aber keine neuen Songs und die ersten Ideen, waren nicht gerade überzeugend. Die waren sogar richtig schlecht. Weil das letzte Album fünf Jahre dauerte, hatte ich Angst, mit diesem anzufangen. Es waren diese typischen Selbstzweifel: Wie bekomme ich ein weiteres Album hin? Also habe ich alles Nötige mit auf Tour genommen, um zu schreiben, aber das habe ich natürlich nicht geschafft.

Doch dann kam Hilfe.

Veck-Gilodi: Ja, von Phil Gornell. Er hat mich in sein Studio eingeladen. Eigentlich sollten es nur drei Tage werden, für nur ein Demo, aber am Ende bin ich drei Monate dortgeblieben. Phil und ich haben geschrieben und aufgenommen. Wir hatten schlechte Einfälle und haben sie verworfen. Wir hatten bessere und haben sie behalten.

Dann war das Songschreiben so etwas wie eine Therapie?

Veck-Gilodi: Ja, das war definitiv meine Therapie. Solche Themen habe ich in meinen Songs noch nie behandelt. Die Arbeit hat mir gutgetan, auch wenn sie ziemlich stressig war.

Wie bringen Sie die Songs jetzt auf die Bühne?

Veck-Gilodi: Die Songs werden anders klingen als auf der Platte. Sie werden härter und gitarrenlastiger sein. Wir wollen eine echte Rockband bleiben.

Wann gehen Sie auf Tour?

Veck-Gilodi: Die eigentliche Tour wird es wohl Anfang kommenden Jahres geben und Köln ist definitiv dabei. Jetzt werden wir in UK einige Festivals spielen. Deutschland ist uns sehr wichtig. Das ist unser Hauptmarkt in Europa. So ein tolles Publikum findet man nirgendwo sonst.

Wie gut kennen Sie Köln?

Veck-Gilodi: Wir haben oft hier gespielt, im Luxus, MTC und in der Essigfabrik. Die Stadt haben wir auch ein wenig kennengelernt, so waren wir rund um den Dom unterwegs. Ich mag das Kölsch und das Essen hier in der Stadt.