„Der Respekt ist das Wichtigste“
Gensi und Eddy Neumann stehen als Clowns in der Manege des Circus Roncalli. Sie gehören zu den Stars des Heimspiels auf dem Neumarkt.
Köln. Bei Roncalli sind die Clowns die unangefochtenen Stars in der bunten Zirkuswelt. Seit 13 Jahren ist Weißclown Gensi schon mit auf Tour. Auf das Heimspiel in Köln freut er sich immer besonders: „Das ist jetzt meine 14. Saison und bei jeder Tour haben wir auf dem Neumarkt die besten Reaktionen des Publikums bei den Premieren“, sagt Gensi, während er sich in der Garderobe auf seinen Auftritt am Nachmittag vorbereitet. „Mit der Kleidung und dem Schminken dauert das etwa eine Stunde“, erklärt Fulgenci Mestres, wie der Clown aus Katalonien mit bürgerlichem Namen heißt.
Die Garderobe teilt sich Gensi mit Eddy Neumann, dessen Wurzeln in Russland liegen und der in Kiew die Zirkusschule absolviert hat. „Mein Vater hat den Zirkus geliebt und ist nach seiner Arbeit im Werk abends in den Zirkus gegangen, um dort als Requisiteur zu arbeiten. Ich war oft dabei, nur die Clowns habe ich schon als Kind gehasst. Die waren nur grob und doof“, erinnert sich Eddy. Eher durch Zufall kommt er zu einem Pantominentheater und von dort zur Ausbildung als Clown.
„Ich bin da irgendwie reingerutscht. Aber heute weiß ich, dass Clown der schönste Beruf der Welt ist. Wichtig ist nur, dass man diesem Job mit Liebe und Leidenschaft macht. Man muss Respekt vor seinem Publikum haben und darf Leute in der Manege nicht lächerlich machen. Ich respektiere es immer, wenn jemand nicht mitmachen möchte. Nur wer Liebe gibt, bekommt auch wieder Liebe zurück.“ Den Roncalli-Chef Bernhard Paul kennt er schon seit den 90er Jahren. „Er liebt Clowns, will aber keine Comedians. Da geht noch ganz klassisch um Schminke und viel zu große Schuhe“, sagt Neumann, der beim Apollo-Varieté seine Roncalli-Karriere begonnen hat. Bei den Zirkustouren ist er seit 2013 dabei.
Sein Kollege Gensi hat in Barcelona Schauspiel studiert und war danach in Spanien und Südamerika unterwegs, „Das hat vom Musical bis zum klassischen Theater gereicht. Später kam dann der Clown in einer Show dazu. Die DVD davon hat Bernhard Paul gesehen und mich 2005 zu Roncalli geholt. Wenn die Mailänder Scala oder die Wiener Oper der beste Platz für Opernsänger ist, dann ist Roncalli der beste Platz für Clowns“, schwärmt Gensi, der sich nach und nach in den Weißclown verwandelt.
„Der Clown ist im Zirkus die Nummer eins und muss viele Berufe von Tanzen über das Jonglieren bis zur Akrobatik beherrschen. Früher gab es schon mal die Meinung, dass jemand der als Artist wegen seines Alters nicht mehr für die Manege taugt, zum Clown wird. Das ist aber grundlegend falsch. Clown ist ein eigener Beruf und eine gute Ausbildung ist ganz entscheidend“, erklärt Neumann. Und Gensi ergänzt: „Der Clown ist vergleichbar mit dem Alchemisten im Mittelalter. Nur das der Clown mit Metallen, sondern mit den Seelen der Menschen arbeitet. Eigentlich sind wir die Seelenklempner des Zirkus.“
„Bei Roncalli gibt es eine unglaubliche große Liebe zu Details von der Beleuchtung über die Musik und den Farben bis zu den Kostümen. Wenn der Zuschauer bei uns reinkommt, taucht er beim Popcornduft und den Artisten am Eingang direkt in unsere märchenhafte Zirkuswelt ein und lässt all seinen Kummer und Stress hinter sich. Es ist eine ganz besondere Atmosphäre, die Roncalli den Besuchern bietet. Da merkt man, dass Bernhard ein Zeichner war und das perfekte Bild, das er vor Augen hat, bei Roncalli umsetzt“, lobt Neumann seinen Chef.
Währendessen tauchen vor dem Garderobenwagen immer mehr Artisten und Clowns wie Anatoli Akermann, Mike Chao und Chistirrin auf, die den warmen Frühlingsnachmittag sichtlich genießen. „Spannend finde ich die Hologramme, die es erstmals gibt und die Pferde auf eine besondere Art und Weise in Szene setzen. Der Zirkus stand schon immer für Innovationen. Das galt schon vor 100 Jahren, als man über die Dörfer zog“, sagt Gensi.
„Wir haben einen anderen Tagesablauf als die meisten Menschen. Nach der Vorstellung kann man nicht einfach ins Bett gehen, man hat einfach noch zu viel Adrenalin in sich. Da hilft es, die Mails zu checken oder andere Dinge zu erledigen. Entsprechend stehen wir eher spät auf und frühstücken nicht vor 11 Uhr. Ab 13 Uhr sind wir dann hier beim Zirkus und bereiten uns auf die Nachmittagshow vor“, fasst Eddy Neumann einen typischen Arbeitstag zusammen.
„Das Schminken hier in unserer Garderobe ist wie eine Art Meditation. Man taucht in seinen Charakter als Clown ein und arbeitet auch immer an der Rolle. Es gibt stets etwas, das man besser machen kann“, sagt Neumann. An den freien Tagen geht es auch mal ins Museum oder für einen Spaziergang an den Rhein. Auch das gemeinsame Grillen steht immer mal wieder auf dem Programm. „Wir sind wie eine Art Familie und das mit 25 Nationen. Aber Streit gibt es da nie wegen politischen oder religiösen Dingen. Ich bin Russe und zu meinen besten Freunden gehören Kollegen aus der Ukraine. Wichtig ist auch da der Respekt untereinander“, betont Neumann. „Ich finde es auch interessant, dass es zum Beispiel beim Humor Unterschiede gibt. Ein Chinese hat einen ganz anderen Humor als ein Russe oder ein Katalane. Trotzdem verstehen uns hier alle gut“, ergänzt Gensi.
Den Karneval haben beide schon in Köln erlebt: „Da hat es ein Clown deutlich schwerer. Wenn man im Kostüm auf der Bühne steht und in ein Publikum guckt, wo alle verkleidet sind, ist das schon ein komisches Gefühl und man weiß, das man an diesem Tag mehr leisten muss, um das Publikum zu überzeugen. Aber eigentlich ist ja jeder Mensch ein Clown, aber nur wenige haben den Mut, das auch zu zeigen. Die Kölner sind da mutiger“, sagt Eddy Neumann schmunzelnd.
Auch Gensi mag die Stadt, in der sein Zirkus zu Hause ist: „Ich liebe das Wallraf-Museum und das Eau de Cologne von Farina. Die Stadt erinnert mich immer an Barcelona.“