Ein Schutzmann für andere und selbst schutzbedürftig
Polizist Horst Niemeyer war lange aus dem Stadtbild nicht wegzudenken. Eine Depression hat die letzten Berufsjahre überschattet.
Burscheid. Krankheitsbedingt hat sich Horst Niemeyer seit 2009 schon mehrfach aus dem Polizeidienst verabschiedet, doch diesmal ist es endgültig. Am Donnerstag feiert der langjährige Burscheider Bezirksbeamte seinen 62. Geburtstag, eine Woche später wechselt er offiziell in den Ruhestand.
In der Stadt ist er so bekannt, wie sich das für einen Polizisten gehört, der jahrzehntelang auf den Straßen Burscheids unterwegs war. Als Kind von DDR-Flüchtlingen 1950 im Lager in Stukenbrock geboren, hatte sich Niemeyer schon im Zuge seiner Polizeiausbildung 1971 nach Burscheid versetzen lassen. Und spätestens mit der Einführung der Bezirksbeamten 1995 war er der Schutzmann an der Ecke, „wieder mehr als Freund und Helfer anerkannt“, wie er im Vergleich zum Wach- und Wechseldienst festgestellt hat.
Gleichwohl einer, der penibel auf das Einhalten von Regeln achten konnte. Nicht nur die Fahrradfahrer, die entgegen der Einbahnstraße von der Montanusstraße über die Hauptstraße zum Marktplatz radelten, können ein Lied davon singen. Aber selbst wenn er weiß, dass er ein impulsiver Mensch ist, sagt Niemeyer: „Man hat hoffentlich gemerkt, dass ich das auch immer mit ein bisschen Humor getan habe.“
Der Kontakt zu den Menschen, die vielen Gespräche beim Gang durch die Stadt, das erscheint dem Polizeihauptkommissar bis heute als Schatz seines Berufs. „Am meisten Spaß hat mir immer die Arbeit mit den Kindern gemacht.“ Und den vielen Ausländern in der Stadt fühlte sich Niemeyer schon allein deshalb verbunden, weil er sich an seine eigene Zeit als Flüchtlingskind erinnerte. „Ich war zwar Deutscher, aber trotzdem ein Fremder.“
Aber neben diesen erfüllenden Momenten mussten auch die schweren Seiten des Berufs verkraftet werden: die Überbringung der Todesnachricht beispielsweise, als ein Jugendlicher einen Verkehrsunfall nicht überlebt hatte. „Es ist besonders schwierig, Trost zu spenden, wenn man die Menschen gar nicht kennt.“
Und dann gab es da noch die eigene Trostlosigkeit, die sich in Form einer Depression immer mehr wie ein Schatten über das Berufsleben legte. Auch daraus hat Niemeyer keinen Hehl gemacht. Der schleichende Gesundheitsverlust, der Tod des eigenen Vaters, eine wachsende Frustration — „da kommen einem die komischsten Gedanken“. Frühe Anzeichen meint er im Rückblick schon 2004 zu erkennen. Erst im Juli 2009 folgen aber Krankschreibung und Therapie.
Ab Sommer 2011 versucht er noch mal die Rückkehr, erst stundenweise, ab Oktober wieder ganztags. Aber das geht nicht gut. „Als ich im März dem Wachleiter Manfred Berger meine Dienstwaffe übergeben habe, wussten wir beide, das war’s.“ Berger und dessen Vorgänger Theo Althoff habe er viel zu verdanken. „Sie hätten auch Druck ausüben können, aber das haben sie nicht gemacht. Ich bin dankbar, wie die Behörde und die Kollegen meine Krankheit mitgetragen haben.“
Inzwischen geht es wieder aufwärts, auch dank des Sports und der Bewegung. Auf die Medikamente kann er zwar nicht verzichten, „aber das Leben ist so schön und wenn meine Frau mich noch länger erträgt, ist alles gut.“ Wann Niemeyers Nachfolger feststeht, ist noch offen. „Wir hoffen, dass die Stelle zum Jahreswechsel neu besetzt werden kann“, sagt Polizeisprecher Peter Raubuch.