Häusliche Gewalt: Hilfe annehmen kostet Überwindung
Polizei: Susanne Heidel ist bei der Kreispolizei für den Schutz von Opfern häuslicher Gewalt zuständig.
Rhein.-Berg. Kreis. Häusliche Gewalt kann viele Gesichter haben - Drohungen und Beschimpfungen etwa, Schläge, Tritte und sogar Vergewaltigungen. Was eigentlich nicht sein sollte, passiert immer wieder, auch im Rheinisch-Bergischen Kreis.
"Drei bis vier Fälle pro Woche", schätzt Susanne Heidel, Kriminalkommissarin im Fachkommissariat Kriminalitätsvorbeugung und Opferschutz. Sie ist im Rheinisch-Bergischen Kreis dafür zuständig, dass Gewaltopfer Hilfe bekommen, dass sie diese Hilfe annehmen und sich aus ihrer Situation befreien können.
Bis es so weit ist, vergehen oft Jahre. "Forschungen haben ergeben, dass es im Schnitt sieben Jahre dauert, ehe Opfer häuslicher Gewalt den Mut haben, Hilfe anzunehmen und sich aus ihrer Situation zu befreien", sagt Susanne Heidel. Sie weiß auch, dass die Polizei bei diesem Schritt nur begrenzt helfen kann. "Unsere Aufgabe besteht in der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung. Mit dem Bereich Opferschutz befinden wir uns eigentlich am Rand unseres Aufgabengebiets."
Vor gar nicht allzu langer Zeit gehört dieser Aspekt überhaupt nicht zur Aufgabe der Polizei. Da galt häusliche Gewalt noch als "Privatsache" und eine Einmischung von außen war nicht vorgesehen.
"Hätte die Polizei 1995 erfahren, dass eine Frau von ihrem Ehemann bedroht wird, wäre ein Streifenwagen ausgerückt, die Beamten hätten die Ordnung wiederhergestellt - mit anderen Worten: für Ruhe gesorgt - und gefragt, ob einer der Beteiligten Strafanzeige stellen will. Weitere Maßnahmen hätte es nur gegeben, wenn keine Beruhigung eingetreten wäre", erklärt Heidel. Dieses Vorgehen änderte sich erst 2002, als das Gewaltschutzgesetz in Kraft trat.
"Das Opfer wird heute nicht mehr gefragt, ob es Strafanzeige stellen will, sondern jetzt geschieht das automatisch durch die Polizei. Die Anzeige kann auch nicht mehr zurückgenommen werden, damit nicht die Gefahr besteht, dass das Opfer auf diese Weise unter Druck gesetzt wird." 198 registrierte Fälle häuslicher Gewalt gab es 2009 im Kreisgebiet.
Im Gegensatz zu früher kann die Polizei heute auch ein zehntägiges Rückkehrverbot für den Täter aussprechen, das heißt, er darf sich in diesem Zeitraum der gemeinsamen Wohnung nicht nähern. 128 Rückkehrverbote wurden im vergangenen Jahr kreisweit ausgesprochen.
In all diesen Fällen haben die Beamten vor Ort - oder im Nachgang Susanne Heidel - die Opfer auf Beratungsstellen und Hilfsangebote hingewiesen. Ob und wann diese Hilfe von den Betroffenen angenommen wird, ist allerdings ein anderes Kapitel.