Notfall Keine „Defis“: Aber Stadt will mehr Ersthelfer fit machen
Burscheid. · Herz-Druck-Massage statt technischer Hilfe. Der Arzt Dr. Bernhard Rappert hält nicht viel von Defibrillatoren für öffentliche Gebäude.
Ist Burscheid im Notfallmanagement bei Herzinfarkten nicht richtig aufgestellt? Nach einer Anfrage in einem politischen Gremium im vergangenen Jahr stellte sich heraus, dass es in öffentlichen Gebäuden und den meisten Sporthallen keine so genannten Defibrillatoren für Laien (AED) gibt.
Die Stadt stützt sich bei ihrer Beurteilung, von einer entsprechenden Ausstattung abzusehen, unter anderem auf einen Pressetext der Deutschen Herzstiftung. Darin heißt es, dass Laien-Defibrillatoren kein Ersatz für kontinuierliche Herzdruckmassagen seien. Auch sei die Frage nicht geklärt, ob der Einsatz dieser Geräte nicht verhindere, rechtzeitig eine Notfallmeldung abzusetzen und eine notwendige Massage sogar verhindert werde.
Um endgültig Licht ins medizinische Dunkel zu bringen, war gestern der Burscheider Herzspezialist Dr. Bernhard Rappert zu Gast im Schul- und Sozialausschuss. Er stützte die Haltung der Verwaltung. „Wenn sie die Herzmassage nicht können, brauchen sie über die Investition eines Defibrillators nicht nachdenken.“ Die Bereitschaft zur Hilfe werde sogar verringert, wenn ein Gerät vorhanden sei. Zum einen hätten die Menschen Hemmungen, das technische Gerät im Ernstfall anzuwenden, zum anderen benötigten Ersthelfer fünf Minuten um einen „Defi“ anzuschließen. Danach seien aber die meisten Patienten schon zumindest hirntot.
Hinzu komme, das wertvolle Zeit verstreiche, um den Apparat zu suchen. „Auch ich als Kardiologe würde nicht solch ein Gerät nehmen“, sagte Rappert. „Die erste Maßnahme und das Allerwichtigste ist die Herz-Druck-Massage.“ Einen weiteren Punkt fügte der Mediziner aus fachlicher Sicht an. Defibrillatoren könnten nur beim so genannten Kammerflimmern helfen. Das sei aber der deutlich geringere Teil der Notfallpatienten.
Die Diskussion um plötzliche Herz-Kreislauf-Probleme unter anderem im Rathaus nahm Bürgermeister Stefan Caplan aber auf, um das Notfallmanagement im Rathaus neu zu überdenken. „“Wir haben im Rathaus drei bis vier Ersthelfer pro Etage. Aber wir werden uns Gedanken machen, wie wir das aufstocken können.“ Rappert: „Besonders dort, wo Publikumsverkehr ist, sollten Mitarbeiter die Herz-Druck-Massage beherrschen.“
Plakate sollen auf Bedeutung der Herz-Druck-Massage hinweisen
Zudem beabsichtigt die Verwaltung jetzt auch, an öffentlich Einrichtungen wie Rathaus oder auch Schulen Plakate aufzuhängen, die auf die Bedeutung der Herz-Druck-Massage hinweisen. Laut Deutschem Rat für Wiederbelebung sei die Helferquote beim Herzstillstand in Deutschland im internationalen Vergleich mit 15 bis 17 Prozent sehr gering. In Schweden und Norwegen zum Beispiel machten 60 Prozent der Bevölkerung im Notfall eine Herzdruckmassage. Laut dem Rat könnten jährlich 10 000 Leben gerettet werden, wenn sofort mit einer Herz-Druck-Massage begonnen werde.